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Mayr Albert

Vorname
Albert
Nachname
Mayr
erfasst als
Komponist:in
Ausbildner:in
Genre
Neue Musik
Geburtsjahr
1943
Geburtsort
Bozen
Geburtsland
Italien

Ausbildung
1961 Matura
1961 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt Darmstadt
1962 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt Darmstadt
1962 - 1965 Konservatorium Luigi Cherubini Florenz Komposition (Carlo Prosperi)
1962 - 1965 Konservatorium Luigi Cherubini Florenz Komposition (Roberto Lupi)
1963 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt Darmstadt
1965 - 1966 Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin Komposition (Heinz Hartig)
1965 Diplom in "Musica e Canto Corale e Direzione di Coro"
1969 Stipendium des Canada Council
1972 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt Darmstadt
Hochschule für Musik Konservatorium "Claudio Monteverdi" Bozen Bozen Komposition (Alfredo Sangiorgio)
Florenz private Ausbildung in elektronischer Musik (Pietro Grossi)
Kontakte zur Gruppe um Luigi Dallapiccola

Tätigkeiten
1964 - 1969 Florenz Mitarbeit im von Pietro Grossi geleiteten Studio di Fonologia Musicale di Firenze
1964 - 1969 Florenz Lehrtätigkeit in Musikerziehung an verschiedenen Mittelschulen
1971 - 1973 Montreal Lehrauftrag in Komposition, Harmonielehre, Elektronische Musik und Partiturspiel an der McGill University
1973 - 1991 Konservatorium Luigi Cherubini Florenz Professor für elektroakustische und experimentelle Musik
1974 - 1975 Montreal Sommerkurse in Elektronische Musik an der McGill University
1975 Mitarbeit am von R. Murray Schafer geleiteten World Soundscape Project
1982 - 1993 Florenz verschiedene Sommerkurse in elektronischer Musik, environmental music und experimenteller Musik beim Festival GAMO
1985 München Sommerwerkstatt für experimentelle Musik
Environmental Music und spekulative Musik
Texte zu elektroakustischer und experimenteller Musik
theoretische Untersuchungen, künstlerische Medien-Arbeiten, Seminare und Beratertätigkeit auf dem Gebiet der Anwendbarkeit ästhetischer Kriterien auf die Gestaltung der Alltagszeit ("Zeit-Design")

Aufträge (Auswahl)
1978 Divisione Musicologica CNUCE - C. N. R., Pisa
1983 Südtiroler Künstlerbund (SKB)
1984 Sound Art at Mobius, Boston
1992 Brixner Initiative Musik und Kirche
1993 Ars cantandi Bruneck

Aufführungen (Auswahl)
1972 Autunno Musicale Como
1977 Kassel Performance Art Kassel
1979 Zagreb Muzicki Biennale Zagreb
1980 Florenz Musica ex machina
1982 Florenz GAMO Festival
1984 Boston - USA Sound Art at Mobius
1989 Bourges - Frankreich Synthèse
zahlreiche Aufführungen in Kanada (Montreal, Toronto, Vancouver), USA (Boston, New York), Italien (Bozen, Brixen, Florenz, Pescara u. a.), Schweden, Schweiz

Stilbeschreibung

 

Schon während der Ausbildung, seit meiner Zusammenarbeit mit Pietro Grossi, einem radikalen - wenn auch kaum bekannten - Pionier der elektronischen Musik in Italien, stellte sich mir die Frage, welche Arbeitsweisen einem Komponisten heute offenstünden - neben der herkömmlichen, in sich geschlossene Werke auf Papier oder Band festzumachen. Grossi machte schon in den frühen sechziger Jahren Klanginstallationen mit Arbeiten ohne Beginn und Ende und postulierte die Abschaffung des Eigentumscharakters musikalischer Produktionen zugunsten von kollektiven works in progress.
In den siebziger Jahren kam die Begegnung mit R. Murray Schafer, dem Begründer des World Soundscape Project, der den Komponisten eindringlich nahelegte, aus dem Musikbetrieb auszuscheren und sich lieber um die immer versautere Klangumwelt zu kümmern. Dieser Thematik habe ich verschiedene künstlerische, theoretische und organisatorische Arbeiten gewidmet.
Der Wunsch, Musik in neuen Konzepten einzusetzen, führte u. a. zur musikalischen Gruppenarbeit mit Patienten der Psychiatrischen Klinik in Volterra unter Mitwirkung einiger meiner Florentiner Studenten, wo es - unter dezidierter Abgrenzung gegenüber der offiziellen Musiktherapie - darum ging, durch gemeinsames Klang-Produzieren neue Dynamiken in den Abteilung in Gang zu setzen.
Ebenfalls in den gleichen Jahren begann - ausgelöst durch die eher zufällige Aufforderung des Montrealer Kunstkritikers Henry Lehmann, einen Text zu dem Thema zu liefern - die Beschäftigung mit dem Phänomen Zeit aus theoretischer und künstlerischer Hinsicht. Die Frage, ob Musik als die vielleicht wichtigste Zeitkunst Anregungen und Methoden für einen ästhetisch ausgerichteten Umgang mit der Alltagszeit liefern könnte, fasziniert mich nach wie vor. Die Auflistung dieser - nach gängiger Sicht nicht oder nicht primär musikalischen - Belange mag verdeutlichen, daß für mich neben (und letztlich über) den sogenannten intramusikalischen Problemkreisen des Komponierens immer diejenigen standen, die die Einsatzmöglichkeit von Musik in bisher nicht musikalisierten Bereichen betreffen.
Zu den ersten: Die Entwicklung vollzog sich von schülerhaften zwölftönigen Anfängen über die Beschäftigung mit eletroakustischer Musik und Improvisation hin zu experimenteller beziehungsweise konzeptueller Musik und Kunst (Performances, Aktionen, Installationen), angeregt besonders durch den engen Kontakt mit den bildenden Künstlern. Daneben stehen nach wie vor Stücke, die mehr oder weniger als Kompositionen erkennbar sind.
Zu den zweiten: Experimentelle Kunst hatte (fast schon) immer den Anspruch, über die als Kunsttummelplätze ausgewiesenen Bereiche hinauszugehen (nicht nur hinsichtlich der physischen Räumlichkeiten), und Lebensformen als solche zu modifizieren (vgl. etwa Joseph Beuys). Dieser hehre Anspruch reibt sich am Umstand, daß in unserer verzweifelt arbeitsteiligen Gesellschaft Künstler, und Komponisten im besonderen, als Ansprechpartner nicht für voll genommen werden, wenn es um nichtkünstlerische Belange geht. Das hat dazu geführt, daß ich bei verschiedenen Projekten und Tätigkeiten (vom Dokumentarfilm "Von Zeiten und Leuten: am Beispiel Sarntal" bis hin zur Zeitberatung) meine Qualifikation als Komponist nicht herausstelle und auf eher wissenschaftliche Meriten verweise, obwohl für mich diese Arbeiten im Sinne eines erweiterten Musikbegriffs (siehe Boethius bis Kepler) musikalische Arbeiten sind. Aber mit diesem Widerspruch werde ich wohl weiterleben müssen.

 

 

Albert Mayr 1997

Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 28. 4. 2020): Biografie Albert Mayr. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/59972 (Abrufdatum: 19. 3. 2024).

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