Ligeti György

Vorname
György
Nachname
Ligeti
erfasst als
Komponist:in
Ausbildner:in
Autor:in
Redakteur:in
Genre
Neue Musik
Subgenre
Experimental/Intermedia
Modern/Avantgarde
Geburtsjahr
1923
Geburtsort
Dicsöszentmarton (heute Tîrnaveni, Siebenbürgen)
Todesjahr
2006
Sterbeort
Wien

Ausbildung
1941 Matura und Beginn des Studiums (Mathematik, Physik) an einer "Ersatzuniversität" weil das reguläre Universitätsstudium jüdischen Bürgern verwehrt war
1941 - 1942 Begegnung mit der Musik Béla Bartóks
1941 - 1943 Cluj-Napoca/Klausenburg Konservatorium Klausenburg: Harmonielehre, Kontrapunkt (Ferenc Farkas)
1941 - 1943 Cluj-Napoca/Klausenburg Konservatorium Klausenburg Orgel
1941 - 1943 Budapest private Studien Kadosa Pál
1945 - 1949 Franz-Liszt-Musikakademie Budapest: Instrumentation, freie Komposition (Ferenc Farkas), Komposition (Pál Járdányi, Lajos Bárdos), Kontrapunkt, Fuge (Sándor Veress)
1957 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt Darmstadt Nono Luigi

Tätigkeiten
1933 erste Kompositionen im Alter von 10 Jahren
1949 - 1950 Reise durch Rumänien zur Erforschung und Sammlung von transsylvanischen, siebenbürgischen bzw. ungarischen Volksliedern
1950 - 1956 Franz-Liszt-Musikakademie Budapest Budapest Dozentur (Harmonielehre, Kontrapunkt, Formanalyse)
1957 - 1958 Köln Studio für Elektronische Musik des WDR: freier Mitarbeiter (Gottfried Michael König)
1959 - 1970 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt Darmstadt Dozent
1961 Madrid Kompositionskurs
1961 - 1971 Stockholm Musikhochschule Stockholm: Gastprofessur
1962 Gaudeamus-Stiftung Bilthoven, Niederlande: Kompositionskurs
1963 Bilthoven, Niederlande: Kompositionskurse
1963 - 1964 Folkwang Hochschule Essen Kompositionskurse
1972 Stanford University Stanford Composer in residence
1972 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt Darmstadt Dozent
1973 - 1989 TMC - Tanglewood Music Center (Berkshire Music Center) Kompositionskurs
1973 - 1989 Hochschule für Musik und Theater Hamburg (Deutschland): Professur (Komposition)
1974 Siena Academia Chigiana: Kompositionskurs
1976 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt Darmstadt Dozent
1979 Aix-en-Provence: Kompositionskurs
1980 ab diesem Zeitpunkt weitgehende Aufgabe der langjährigen Lehrtätigkeiten und konzentrierte Hinwendung zum kompositorischen Schaffen

Schüler*innen (Auswahl)
Detlev Müller-Siemens

Aufführungen (Auswahl)
1958 WDR - Westdeutscher Rundfunk, Köln
1960 Köln IGNM-Weltmusiktage
1961 Donaueschinger Musiktage Donaueschingen Atmosphères - für großes Orchester ohne Schlagzeug
1962 Wiesbaden Fluxus-Festival Trois bagatelles - Musikalisches Zeremoniell für einen Pianisten
1962 Radio Bremen Bremen - Deutschland "pro musica nova"-Festival
1963 NDR - Norddeutscher Rundfunk, Hamburg: "das neue werk"-Reihe
1965 Stockholm Nutida Musik-Festival
1972 Berlin Berliner Festwochen
1984 Steirischer Herbst: Personale
1988 Berliner Festwochen: Nonsense Madrigals - nach Texten von William Brighty Rands und Lewis Carroll sowie einer englischen Struwwelpeter-Übersetzung (Heinrich Hoffmann) für sechsstimmigen (Männer-)Chor a cappella
1997 Salzburger Festspiele, Großes Festspielhaus: The Philharmonia Orchestra, Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor Le Grand Macabre - Oper in zwei Akten / vier Bildern
2001 London Sinfonietta Queen Elizabeth Hall - Southbank Centre London Hamburger Konzert für Horn und Kammerorchester
2004 Semperoper Dresden Sächsische Staatskapelle Lontano - für großes Orchester
2005 Staatsoper Hamburg: szenische Aufführung Musica ricercata - Elf Klavierstücke
2006 Boston - USA Boston Symphony Orchestra, Symphony Hall Concert Românesc - (Rumänisches Konzert, basierend auf Volksliedbearbeitungen) für Orchester
2006 London Royal Opera House Capriccio Nr. 1 und Nr. 2 - für Klavier
2007 San Francisco Polyphony - für Orchester
2008 Gewandhausorchester Leipzig Leipzig Gewandhaus Leipzig - Großer Saal Konzert für Violine und Orchester
2008 Philharmonie Luxembourg Luxemburg Grand Auditorium Harmonies - für Orgel. Etude No. 1
2011 Klangspuren - Verein zur Förderung von Neuer Musik Schwaz Schwaz in Tirol Éjszaka/Reggel - (Nacht/Morgen) für fünf- bis achtstimmigen gemischten Chor a cappella
zahllose Aufführungen in allen wichtigen Konzerthäusern und bei allen wichtigen Festivals rund um den Erdball

Auszeichnungen
1964 Kompositionswettbewerb der IGNM Rom: Erster Preis
1965 Koussevitzky Foundation Washington: Preis
1966 Kompositionswettbewerb der IGNM Rom: Erster Preis
1966 Königlich Schwedische Akademie der Musik Stockholm: Mitglied
1967 Stadt Bonn: Beethoven-Preis
1967 Universität Helsinki: Ehrenmedaille
1968 Akademie der Künste Berlin Mitglied, 1992 Austritt wegen des Vereinigungsbeschlusses mit der Ostberliner Akademie
1969 DAAD - Deutscher Akademischer Austausch Dienst Stipendiat in Berlin
1969 UNESCO - United Nations Educational, Scientific an Cultural Organisation Internationaler UNESCO-Wettbewerb: Erster Preis
1969 Musikverein für Steiermark Ehrenmitglied
1971 Freie Akademie der Künste Hamburg: Mitglied
1972 Stadt Berlin: Berliner Kunstpreis
1975 Orden "Pour le mérite" für Wissenschaften und Künste Bonn: Aufnahme
1975 Stadt Hamburg: Bach-Preis
1978 Bayerische Akademie der Schönen Künste München: Mitglied
1984 American Academy and Institute of Arts and Letters: Mitglied
1984 Béla-Bartók/Ditta-Pasztory-Preis Budapest
1984 ISCM/IGNM/SICM - Internationale Gesellschaft für Neue Musik Ehrenmitglied
1984 Prix Ravel Paris
1985 Prix Arthur Honegger et Chevillion Bonnaud Paris
1986 University of Louisville/Kentucky: Grawemeyer Award for Music Composition Etudes pour piano - premier livre
1987 Stadt Wien Ehrenring
1987 Republik Österreich Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
1988 Hochschule für Musik und Theater Hamburg Ehrensenator
1988 Universität Hamburg Ehrendoktor
1988 Commandeur dans l'Ordre National des Arts et Lettres Paris
1988 Prix de Composition musicale de la Fondation Prince Pierre de Monaco
1989 Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Ehrenmitglied
1990 Academia Santa Cecilia Rom: Ehrenmitglied
1990 Freie Akademie der Künste Hamburg: Ehrenmitglied
1990 Goethe-Institut München: Goethe-Medaille
1990 Österreichischer Kunstsenat Mitglied
1990 Real Academia de Bellas Artes Granada: Korrespondierendes Mitglied
1990 ÖKB - Österreichischer Komponistenbund Ehrenmitglied
1990 Republik Österreich Großer Österreichischer Staatspreis
1990 Léonie Sonnings Musikpreis Kopenhagen
1991 Balzan-Stiftung Bern-Mailand: Musikpreis
1991 Japan Art Association: Praemium Imperiale für das Lebenswerk
1991 Royal Philharmonic Society London: Ehrenmitglied
1992 Royal Academy of Music London Honorary Member
1992 Ungarische Akademie für Literatur und Kunst: Mitglied
1993 Ernst von Siemens Musikstiftung Bayerische Akademie der schönen Künste: Ernst-von-Siemens-Musikpreis
1993 Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste Ordentliches Mitglied
1993 Kaske-Stiftung: Musikpreis
1993 NEC - New England Conservatory Ehrendoktor
1993 Republik Ungarn Mittleres Kreuz des Verdienstordens
1993 Stadt Wien Preis der Stadt Wien
1994 Club of Budapest: Mitglied
1995 American Academy of Arts and Sciences: Ehrenmitglied
1995 Königlich Schwedische Musikakademie: Musikpreis "Rolf Schock"
1996 UNESCO - United Nations Educational, Scientific an Cultural Organisation International Music Council (IMC) der Unesco: Musikpreis
1996 Wolf Foundation Jerusalem: Musikpreis
1997 Rumänische Akademie (Academia Romana): Ehrenmitglied
1998 Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts Paris Ernennung zum "Associé étranger"
2000 Jenny und Antti Wihuri-Stiftung Helsinki: Sibelius-Preis
2001 Kyocera: Kyoto-Preis
2003 Republik Ungarn Parlament der Republik Ungarn: Kossuth-Preis
2003 Stadt Frankfurt am Main: Theodor W. Adorno Preis
2003 Stadt Hamburg: Medaille für Kunst und Wissenschaft
2003 Wiener Konzerthausgesellschaft Ehrenmitglied
2004 Königlich Schwedische Musikakademie Stockholm: Polar Music Prize
2004 Concertgebouw Amsterdam Szonáta - (Sonate) für Violoncello solo
2005 Frankfurter Musikpreis (für das Lebenswerk)

Pressestimmen

 

30. Juli 2007

 

Die Haare stehen György Ligeti zu Berge, weil er immer zwei Finger in der Steckdose hat, wenn er über Musik spricht. Er ist ein Energiebündel, ein Blitzdenker, ein Ideenirrwisch, unermüdlich in seiner Lust am Entdecken, Reflektieren und Diskutieren. [...] Ligetis Vorträge und Werkeinführungen haben skurril animierende Züge wie bei einem Physiklehrer, der sich den Spaß macht, kurios verknotete Experimente aufzubauen, um die Zusammenhänge anschließend verblüffend plausibel zu erklären. [...] Die Klavieretüden beispielsweise, denen er sich in den letzten 20 Jahren so intensiv gewidmet hat, sind voll von Paradoxien, Doppeldeutigkeiten, scheinbaren Unmöglichkeiten. Irrlaufende polymetrische Zahnräder greifen ineinander, verquere Akzente suggerieren die Gleichzeitigkeit verschiedener Spielgeschwindigkeiten. Wie in den perspektivischen Täuschungen des holländischen Zeichners Maurits Escher entstehen illusionäre Motiv- und Rhythmusraster.
Der Komponist, der im Vorjahr verstorben ist, spricht mit dem komplex gewobenen Klangteppich wahrhaft aus der "Ferne", so der Titel. Mit unglaublicher Raffinesse verwob Ligeti zarteste Klangfäden zu schwebenden Flächen, die bis ins Unendliche reichen, und er verbindet Extreme wie den grummelnden Bass der Tuba mit zirpendem Violinflageolett - wie eine Raum-Musik zum Abheben, in vielerlei Hinsicht.

Die Zeit (Claus Spahn) 

 

2006

Er bekam die höchsten Ehrungen, die die Kulturwelt zu vergeben hat. Seine großen Werke werden die Zeit überdauern. Ihre Originalität und ihre hohen ästhetischen Qualitäten garantieren es. 

ÖMZ - Österreichische Musikzeitschrift (Constantin Floros) 

 

13. Juni 2006

Das Bannen der Zeit, das Aufheben ihres Vergehens, ihr Einschließen in den jetzigen Augenblick ist mein hauptsächliches kompositorisches Vorhaben. Das schrieb György Ligeti im Vorwort zu seinem Klavierkonzert, welches er auch als "ästhetisches Credo" bezeichnete. 

Kölner Stadtanzeiger (Markus Schwering) 

 

2. August 2004

György Ligeti, der Ende der 50er Jahre von Ungarn in den Westen emigriert war, fand mit seinen beiden Kompositionen "Apparitions" und "Atmosphères" (für großes Orchester, 1961) seine eigene Sprache. Sie siedelte zwischen Klang und Geräusch, der Komponist nannte diesen Stil "Sonorität". Vier Jahrzehnte später sind diese Werke Klassiker des 20. Jahrhunderts unverändert von verstörender Schönheit und intensiver Kraft. 

Salzburger Nachrichten 

 

28. Mai 2003

In dieser drahtigen Gestalt mit der knarzenden Stimme, unverkennbar ungarisch gefärbt, schien Musikgeschichte wie Lava zu brodeln. Ligeti konnte als Redner wie Musiker sein Publikum mitreißen wie kein anderer der großen Komponisten der vergangenen 50 Jahre - aber er konnte auch schweigen: 1961 hielt er einen berühmt gewordenen Vortrag zum Thema 'Die Zukunft der Musik' - und sagte kein einziges Wort. 

Süddeutsche Zeitung (Reinhard J. Brembeck) 

 

22. August 1994

Ligeti, der der Avantgarde immer nahegestanden war und der er wichtige Erfahrungen verdankte, schloß sich diesen Trends [Anm.: "Neue Einfachheit", "Neue Tonalität" in den 70er Jahren] nicht an, sondern suchte eigene Wege zu finden, ohne dabei freilich sein Schaffens-Credo zu verleugnen. Dieses Credo besteht, sehr vereinfacht ausgedrückt, aus zwei Grundlagen. Zum einen sind für ihn Plastizität und Farbigkeit die Voraussetzungen, um an den Zuhörer zu gelangen. Ligeti selbst empfindet Klang und Farbe als nahe verwandt, ja als ein und dasselbe. In letzter Konsequenz resultiert daraus eine Musik, die den spontanen Mitvollzug durch den Hörer ermöglicht und gleichzeitig dem Fachmann eine tiefergehende Analyse erlaubt. Und die zweite Grundlage beschreibt Ligeti folgend: "Das Ideal für mich ist, von sehr starken Emotionen auszugehen, aber sie sehr, sehr starker Stilisierung zu unterwerfen, dadurch wird es zur Kunst." 

Oberösterreichische Nachrichten


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