Männerstimme (1, Sprecher (m)), Orgel (1)
Beschreibung
"Wie bist du auf die Idee gekommen, "Meditationen" zu komponieren?
Die "Meditationen" sind eine lose Zusammenstellung von Texten zum Thema "Passion" oder "Leiden", nein, eigentlich eine meditative Betrachtung des "alltäglichen Leidens" gewöhnlicher Menschen, deren Ringen um einen gelingenden Lebensweg nicht unbedingt nach Golgatha führen muss. Bewußt habe ich die Texte aus verschiedenen Quellen geschöpft. Es sind biblischen Texte, ein Gebet und - was mir besonders wichtig war - die Schriften des libanesischen Dichters Khalil Gibran. Gerade heute scheint es mir "not-wendig" (Bindestich und Anführungszeichen gehören hinein! Anm.)/, wenn alle nur herumschreien, das Gespräch mit dem Islam zu suchen und den muslimischen Denkern zuzuhören.
In welcher Beziehung stehen die Texte zur Musik? Sind es Stimmungsbilder, generieren sich die musikalische Ideen direkt aus den Textpassagen oder ist die Musik aus einem fantasievollen Umgang mit evozierten Bildern entstanden? Mir ist vorgeschwebt, diesmal auf eine Weise zu schreiben, wie man es bei den Aquarellmalern sehen kann, wenn sie mit dem Pinsel Farbe auf das feuchte Papier tupfen. Das alltägliche Leiden ist, wie es ist, da muss man nicht lange darüber nachgrübeln. Und auch ein Tropfen Herzblut zerrinnt schnell zu einem bizarren Gebilde. Spontane musikalische Einfälle sollten daher intuitiv ineinander fliessen. Die Ideen waren dann auch bald da. Das Ausarbeiten zeigte sich jedoch, wie es immer bei mir ist, als ein mühevolles Herumfeilen und Ringen um jede Wendung.
Spricht der Sprecher zur Musik oder werden die Text vorher rezitiert?
Der Sprecher spricht zur Musik. Oder besser gesagt: der Sprecher spricht mit der Musik. Die Musik ist wie eine leise klangliche Übersetzung der Worte. Selten nur bricht die Orgel aus der Rolle des still kommentierenden Zuhörers aus und ruft etwas dazwischen, nicht im Streit, sondern zur Ergänzung. Einer Frage, die im Gebetstext der Eröffnungsmusik erweckt wird, die sich während des ganzes Stückes immer wieder ankündigt, und die am Ende unüberhörbar dasteht, müssen wir uns schließlich, wenn wir die Musik gedanklich begleitet haben, alle stellen: kann ein Mensch sein Leid - und letztendlich sein Schicksal - wirklich gänzlich und widerspruchslos annehmen und sich völlig zuversichtlich und vertrauensvoll dem Unvermeidbaren - im Gebet dem Willen Gottes - hingeben? Ich sage: wem das gelingt, der ist nicht von dieser Welt"
Über die Meditationen, Der Komponist im Gespräch mit Silvia Thurner, Musikdokumentation Vorarlberg, abgerufen am 20.04.2023 [https://mudok.at/portfolio-items/thomas-thurnher/]
Uraufführung
März 2008
Veranstalter: Rankweiler Basilika-Konzerte (Sprecher)
Mitwirkende: Bruno Oberhammer (Orgel), Kurt Sternik (Sprecher)
zu den Texten von Nikolaus von der Flüh, von Khalil Gibran, aus den Briefen des Apostel Paulus und aus den Offenbarungen des Johannes
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 20. 4. 2023): Thurnher Thomas . Vom Leben, von der Liebe und vom Kummer. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/160004 (Abrufdatum: 22. 12. 2024).