Lebt seit 1977 in Österreich
Stilbeschreibung
"Man kann also vermuten, zu welch wichtigem, ja geradezu brennendem Problem - besonders für einen Komponisten, der vor allem ein genau festgehaltenes Material von bestimmter Tonhöhe ausnutzt - die Suche nach einem übergeordneten Verfahren zur Organisierung dieses Materials wird; und das umso mehr, als Bargielski die dodekaphonische bzw. serielle Technik vollkommen fremd war. Ungefähr 1970 zielten die theoretischen Überlegungen des Komponisten darauf ab, dem im Verlauf festgelegten Ton übergeordnete Merkmale zu verleihen und ihm anderen gegenüber größeren Wert beizumessen - durch die einfache Maßnahme der häufigeren Nutzung dieses Tones, nicht aber durch seine unmittelbare Wiederholung. Es wird also ein gewisses Zentrum geschaffen, in dem dieser einzelne Ton öfter zu hören ist. Ähnlich aufgefaßt werden bestimmte Intervalle, das ganze bewegliche Gewebe eines gebrochenen Akkords und schließlich die charakteristische Instrumentation. Es besteht also die Möglichkeit, größere Ebenen zu schaffen, die diese Zentrumsstrukturen nutzen, sie zusammenzustellen und sie auf der Grundlage des gegenseitigen Durchdringens, des Kontrastes oder der Wiederholung zu verbinden. Gleichzeitig entsteht das Problem der Ausgewogenheit der Proportionen, z.B. wie oft ein gegebener Ton zu verwenden ist, damit er als Zentrum hörbar wird. Bargielski nennt dieses Verfahren zur Organisierung des Stoffes die "Theorie der Zentrumsstrukturen". Man muß zugeben, daß diese Theorie elastisch ist. Sie zwingt einem nämlich keine Auswahl genau bestimmter Töne (als Zentrum) auf, sondern gestattet es, die anderen Töne - jene, die anscheinend weniger wichtig sind - freizügig zu gestalten und dabei volle Invention, Praxis, künstlerische Erfahrung und Kompositionskunst auszunutzen. Außerdem läßt sie einen großen Spielraum für die Phantasie frei. Gleichzeitig entlarvt diese Theorie mitleidslos künstlerische Mängel und unzulängliche Erfindungsgabe. Eine große Rolle spielen wahrscheinlich wie bei jedem System das rein musikalische Kalkül (Proportionsfragen, Auswahl), die Intuition oder vielleicht auch ganz einfach die erworbenen Kenntnisse. Ist diese Theorie nun lediglich eine individuelle, dem Ergründen der eigenen Künstlerpersönlichkeit dienende und in diesem Sinne gehaltvolle Theorie, die zugleich das Entstehen neuer Originalwerke "gewährleistet"? - Beantwortet wird diese Frage durch das neueste Schaffen des Komponisten. Sicherlich besteht die Gefahr, sich zu wiederholen, die Strukturen zu vervielfältigen. Sicherlich sind die einfachsten Strukturen auch schon restlos ausgebeutet. Einerseits ist es also ein Kompositionsverfahren, andererseits - und für den Komponisten ist das ebenfalls wichtig - ein Verfahren zur "Steuerung der Perzeption" des Hörers, das die Aufgabe hat, dem Hörer die Aufnahme der Komposition zu erleichtern oder einfacher gesagt: sie zu verfolgen."
Zbigniew Dabek (1979). In: Ruch Muzyczny, 23, Nr. 5, S.11 f., zitiert nach: Günther, Bernhard (1997) (Hg.): Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: music information center austria, S. 273–274.
Auszeichnungen
1965 Junge Polnische Komponisten in Warschau: Erster Preis beim Wettbewerb
1966 Republik Frankreich: Auslandsstipendium
1986 Republik Österreich: Staatsstipendium für Komposition
1986 DAAD - Deutscher Akademischer Austausch Dienst: Stipendium
1990 Republik Polen: Medaille für Verdienste um die polnische Kultur
1995 Republik Polen: Offizierskreuz des Ordens Polonia Restituta
1996 UNESCO - United Nations Educational, Scientific an Cultural Organisation UNESCO Paris: Preis
2000 Anton-Benya-Stiftungsfonds: Anton-Benya-Preis
2001 Polnischer Komponistenverband: Preis
Ausbildung
1946 - 1957 Lublin - Polen Konservatorium Lublin Klavier
1953 Lublin - Polen Gymnasium Lublin: Matura
1954 - 1957 Lublin - Polen Universität Lublin: Jura
1958 - 1962 Warschau Fryderyk-Chopin-Musikakademie Klavier
1958 - 1962 Warschau Fryderyk-Chopin-Musikakademie: Komposition
1963 Musikakademie Kattowitz: Komposition (Boleslaw Szabelski)
1964 Musikakademie Kattowitz: Kattowitz Diplom
1966 - 1967 Paris Komposition (Nadia Boulanger)
Tätigkeiten
1957 Club Stephansplatz Staatliche Philharmonie Lublin: Debüt als Komponist
1964 - 1970 Warschau Puppentheater Warschau: Zusammenarbeit
1967 - 1970 Warschau Polnischer Komponisten Verein: Sekretär
1967 - 1970 Verband Junger Polnischer Komponisten: Präsident
1967 - 1970 Kritiker und Publizist in führenden polnischen Fach- und Kulturzeitungen
1977 Musikakademie Bydgoszcz: Hochschullehrer für Tonsatz, Kontrapunkt, Instrumentation, Musikgeschichte
1981 IRC - International Rostrum of Composers, Paris (Frankreich): Teilnehmer
Musikschule der Stadt Bruck an der Mur: Klavierlehrer
Entwicklung der Kompositionsmethode anhand der "Theorie der Zentrums-Strukturen"
mehrere Fernseh-, Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen
Schwerpunkt auf Theater und Opernmusik
Aufträge (Auswahl)
1990 Technische Universität Wien
1991 Wiener Konzerthausgesellschaft
1995 Bundeskanzleramt Österreich Kunst und Kultur
Steirischer Herbst
Stadt Graz
Aufführungen (Auswahl)
Warschauer Herbst, Steirischer Herbst, Encontros Gulbenkian, Festival de Paris, Helsinki Festival, IGNM Weltmusiktage, Leningrader Frühling, Muzicki Biennale Zagreb, Staatsoper Warschau, zahlreiche Konzerte in Europa, USA, Südamerika, Australien, Japan
Literatur
1994 Goertz, Harald, Österreichischer Musikrat (Hg.): BARGIELSKI Zbigniew. In: Österreichische Komponisten unserer Zeit (= Beiträge der Österreichischen Gesellschaft für Musik. Band 9). Bärenreiter: Kassel u. a.
1997 Günther, Bernhard (Hg.): BARGIELSKI Zbigniew In: Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: Music Information Center Austria, S. 273–276.
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 13. 11. 2024): Biografie Zbigniew Bargielski. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/50542 (Abrufdatum: 22. 12. 2024).