Stilbeschreibung
Das Schaffen von Guillermo Graetzer läßt sich in Perioden einteilen, die, von den Lebensumständen und Zeitereignissen bestimmt, aufeinander folgen oder sich überlagern. Bis in die fünfziger Jahre sind bei einem ausgeprägten Personalstil die Einflüsse seines Lehrers Paul Hindemith und ein gewisser Schönberg-Lyrismus zu bemerken. Das große Interesse an Renaissance- und Barockmusik, vor allem aber an Johann Sebastian Bachs Werk dokumentiert sich in zwei Orchesterwerken, einer Bearbeitung der "Kunst der Fuge" für großes Orchester und einer für Kammerorchester. Guillermo Graetzers Musik bewegt sich zwischen Polytonalität und Atonalität, zwischen seriellen Entwicklungen und komplexen Texturen, die von seinem Interesse für die "Geheimnisse der Farbe und der Instrumentation" durchdrungen sind. Dabei war er kein Anhänger allein der mitteleuropäischen Ästhetik; seine Werke beziehen sich auf Musik verschiedenster Herkunft (afrikanische Chöre, hebräische Lieder, spanische Musik des 16. Jahrhunderts). In den Jahrzehnten ab etwa 1960 bis zu seinem Tod entwickelte er eine Leidenschaft für die lateinamerikanische Überlieferung, besonders für die Kultur der Mayas; sie vollendet sich in seinem Oratorium-Ballett "La creación según el Pop wuj maya" 1989.
Guillermo Graetzer war von der Wichtigkeit der Musik für die menschliche Entwicklung überzeugt. Nicht voneinander zu trennen ist das Wirken als Komponist und als Pädagoge in vier Formen, der Verbreitung von Musik in Konzerten, Vorträgen und Seminaren, dem Verfassen von Schulbüchern und Instrumentalschulen, dem Musikunterricht für Kinder und Erwachsene (Laien) sowie der professionellen Ausbildung von Komponisten.
Sein Leben abseits der großen kulturellen Zentren ermöglichte ihm eine Position fern von modischen Strömungen und ein Wirken als Komponist, das sich nicht in theoretischen Spekulationen verliert, indem er seiner Maxime treu blieb: "Was komponiert wird, muß anhörbar sein."
Carlos Graetzer (1997)
Auszeichnungen
1952 ISCM/IGNM/SICM - Internationale Gesellschaft für Neue Musik
1953 Asociación Amigos de la Música
1958 Premio Municipal de Buenos Aires
1971 Sociedad Argentina de Educación Musical
1976 IV. Internationaler Wettbewerb "Henryk Wieniawsky" in Polen
1980 Internationaler Wettbewerb "Guido d'Arezzo pour compositions polyphoniques" in Italien
1980 Tribuna Nacional de Compositores de Buenos Aires
1982 Ministerio de Cultura de la Nación
1983 Sociedad Argentina de Autores y Compositores (SADAIC)
1986 Gran Premio de la SADAIC
1988 Premio Konex
1990 Premio Reforma Universitaria
1992 Fondo Nacional de las Artes
1992 Premio Trayectoria
Ausbildung
1932 - 1938 Berlin Komposition (Ernst Lothar von Knorr, Paul Hindemith)
Wien Dirigieren
Wien Komposition (Paul A. Pisk)
Tätigkeiten
1946 Collegium Musicum Buenos Aires Gründung gemeinsam mit Erwin Leuchter und Ernesto Epstein
1946 - 1976 Collegium Musicum Buenos Aires künstlerischer Leiter, Lehrer für Methodik und Musikpädagogik, Chorleiter
1947 Unión de Compositores de la Argentina: Gründungsmitglied, zusammen mit Julián Bautista, José María Castro, Juan José Castro, Washington Castro, Roberto García Morillo, Luis Gianneo, Alberto Ginastera y Pía Sebastiani
1955 - 1980 Nationale Universität La Plata: Komposition, Orchestrierung und Chorleitung
1956 - 1962 Buenos Aires Asociación Amigos de la Música de Buenos Aires: Chordirigent
1958 Vorträge zu musikwissenschaftlichen Themen, zu Komposition und Musikpädagogik
1963 Herausgeber zahlreicher Ausgaben lateinamerikanischer Volksmusik
1964 Sociedad Argentina de Educación Musical, Argentinien: Gründer und Vizepräsident
1975 Salzburg Internationales Orff-Symposium: Einladung
1983 Nationale Universität La Plata: Emeritierung
1984 Buenos Aires Fondo Nacional de las Artes: Direktor
Conférencia Interamericana de Educación Musical: Vortragender in Santiago de Chile, Medellín und Caracas
zahlreiche Beiträge zu musikpädagogischen Fachzeitschriften
Neuausgabe und Neueinrichtung des Orff-Schulwerks für Argentinien, Chile, Kolumbien, Guatemala, Mexiko und Uruguay
Aufträge (Auswahl)
Teatro Colón
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 31. 1. 2024): Biografie Guillermo Graetzer. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/54766 (Abrufdatum: 5. 10. 2024).