Memorial

Werktitel
Memorial
KomponistIn
Entstehungsjahr
1998
Dauer
12m
Genre(s)
Neue Musik
Subgenre(s)
Modern/Avantgarde
Gattung(en)
Ensemblemusik
Besetzung
Kammerorchester/Ensemble
Besetzungsdetails

Flöte (1), Klarinette (1), Trompete (1), Perkussion (1), Violine (2), Viola (1), Violoncello (1), Kontrabass (1)

Art der Publikation
Manuskript

Auftrag: Ensemble Kreativ für das 20-jährige Jubiläum der IGNM-Kärnten

Uraufführung
1998 - Klagenfurt, ORF/Landesstudio Kärnten
Mitwirkende: Ensemble Kreativ

Beschreibung
"Die Symmetrie diente Germán Toro Pérez in seiner Komposition "Memorial" als Symbol für Leben, Kraft und Energie. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war Anton Weberns Komposition Variationen op. 30, die für Germán Toro Pérez "ein Bild des in höchstem Maße in sich Geschlossenen, einen fast utopischen Zustand" verkörpert. So legte er die neun, gleich proportionierten Abschnitte von Memorial als offene Variationen an. Der erste Teil ist - in Anlehnung an Webern - noch ganz symmetrisch angelegt, doch dann setzt ein sukzessiver Verfallsprozess der musikalischen Struktur ein. Den ungeradzahligen Abschnitten stellte der Komponist jeweils ein literarisches Zitat voran, etwa das anfangs erwähnte von Peter Greenaway, japanische Haikus und Verszeilen des Argentiniers Jorge Luis Borges. In dessen Gedicht La cifra ("Die Zahl") geht Borges davon aus, dass jedem Menschen eine gewisse Anzahl für jede Art von Handlung bestimmt ist. Irgendwann ist dieses Reservoir zu Ende: "Nie mehr wirst Du den klaren Mond betrachten. Die dir gegebene Zahl hast du bereits erschöpft. Vergebens ist es jetzt, alle Fenster der Welt aufzumachen. Es ist zu spät. Nie wieder wirst du auf ihn treffen."

Mit der Zersetzung, dem Ende des Lebens einhergehend, tauchen in Memorial auch Erinnerungen auf - in Form eines Rückblickes auf eigene Werke. Erinnerung manifestiert sich auch im Innehalten, im Stocken der Musik, der Verlangsamung. Gleichzeitig treiben diese Mittel den Verfall voran. Kontinuität wird aufgehoben, Klänge wandeln sich zu Geräuschen, Glissandi deuten die Unaufhaltsamkeit der Veränderung an. Wechsel zwischen frei gestalteten Phasen - ohne Dirigenten - und solchen mit genauen Vorgaben lassen Zerrissenheit erahnen. Glockenklänge aus der Ferne sprechen von der Vergänglichkeit, Trillerklänge lassen aus Apathie hochschrecken, einzelne Instrumente brechen aus, um Aufmerksamkeit zu erlangen.
Germán Toro Pérez komponierte mit Memorial keine Trauermusik, viel mehr ist es eine Auseinandersetzung mit dem Wissen um das Ende, dem niemand entkommen kann. In diesem Sinne stellte er dem ersten Teil von Memorial ein Haiku des japanischen Dichters Basho voran: "Nichts / in der Stimme der Zikade sagt / wie bald sie sterben wird.""
Germán Toro Pérez (1998), abgerufen am 23.09.2020 [http://www.toro-perez.com/works/instruments]