Flöte (1, Piccoloflöte), Klarinette (1, Bassklarinette), Vibraphon (1), Klavier (1), Violine (1), Viola (1)
Beschreibung
"Diese Auftragskomposition ist für ein Konzert des Platypus Ensemble mit dem Thema Oase in der Stadt entstanden. In diesem Stück wurden Stücke, die Bilder nach Natur und Stille hervorrufen mit solchen kombiniert, die Beton, Asphalt und den Lärm der Stadt darstellen. Mein Stück versucht diese beiden Elemente zu kombinieren, wobei das Bild von Natur vorherrscht.
Der Titel Fallen Leaves macht klar, dass es sich hierbei um ein Stück handelt, das vom Herbst inspiriert ist. Nachdem es bereits eine Komposition von mir mit dem Titel „Es riecht nach Winter…“ gibt, wollte ich wiederum ein Stück einer Jahreszeit widmen. Der Herbst ist in unserem Erleben sicher die ambivalenteste Jahreszeit: Einerseits ist er geprägt vom Verfall und dem Sterben der Natur, andererseits bringt er mit den bunten Blättern der Bäume die schönsten Farben hervor und lässt oft auch die Blätter im Wind tanzen, was viel lebendiger wirkt. Diese Ambivalenz des Betrachtens des Herbstes lässt sich meiner Meinung nach mit Mitteln der Neuen Musik gut ausdrücken: Einerseits lässt sich durch die volatile Rhythmik und schnelle Gesten Bewegung gut darstellen, andererseits kann der Klang der Instrumente durch unterschiedliche Spieltechniken immer wieder in Frage gestellt werden, und ebenso verfallen wie die Natur.
Die Natur in diesem Stück versuche ich mithilfe der farbigen Harmonik, die sich nur langsam verändert, darzustellen. Die vielen fallenden Gesten können an die Blätter erinnern, die von den Bäumen fallen. Die vielen sich langsam ausbreitenden Klänge sollen wirklich wie eine Oase wirken, in der wir wie in der Natur gut atmen können. Die polyrhythmischen Stellen, die bewusst mechanisch wirken sollen, sind vom von Maschinen geprägten Pulsieren der Stadt inspiriert. Gerade das Vibraphon mit seinem manchmal unnatürlich wirkenden Klang trübt das Bild der unberührten Natur und zeigt, dass wir uns trotz allem auch in der Stadt befinden.
Im Laufe des Stückes spielt Papier als Klangträger eine immer wichtigere Rolle. Einerseits liegt etwa auf den Saiten des Klaviers in einem bestimmten Bereich ein Blatt Papier, das bei den gespielten Tönen mit vibriert. Viele andere Spieler:innen sollen mit ihrem Fuß auf dem Boden ein Blatt Papier hin und her bewegen. Dadurch wird das Stück immer mehr und mehr geprägt von einem Rauschen und Rascheln, das wirklich im ganz naturalistischen Sinne so klingt wie Blätter am Boden. Metalldämpfer auf den Saiten der Streicher und viele luftige Klänge in den Blasinstrumenten verstärken diesen Eindruck noch weiter.
An Glocken erinnernde Flageolettklänge im Klavier führen langsam in Richtung Ende des Stückes. Der Zentralton d bleibt hier wie ein roter Faden ganz unverrückbar immer präsent, während um ihn herum die Musik immer leiser und blasser wird. Schließlich scheint am Ende immer mehr die Farbe aus den Harmonien zu weichen, die Töne haben einen immer höheren Geräuschanteil, oft sind die Tonhöhen nur noch zu erahnen. Das Stück endet mit einem sehr langen, tiefen Triller in der Bassklarinette, der immer wieder ganz verblasst und verschwindet."
Mathias Johannes Schmidhammer (2022), Mail
Auftrag: Platypus Ensemble (mit freundlicher Förderung des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport)
Uraufführung
22. April 2022 - Wien, Reaktor
Veranstaltung: Oase in der Stadt – symbiotische Ergänzung
Mitwirkende: Platypus Ensemble - Koch Anna (Klarinette) usw.
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 20. 12. 2022): Schmidhammer Mathias Johannes . Fallen Leaves. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/206825 (Abrufdatum: 26. 12. 2024).