Solo: Oboe (1)
Flöte (3), Oboe (1), Klarinette (2), Bassklarinette (1), Fagott (2), Kontrafagott (1), Horn (4), Trompete (3), Bassposaune (3), Kontrabasstuba (1), Perkussion (3), Violine (26), Viola (10), Violoncello (8), Kontrabass (6)
ad Perkussion: 1: Röhrenglocken, 2: Vibraphon, TamTam, 3: Pauke, Gran Cassa
ad Kontrabass: 1-3: 4-Saiter, 4-6: 5-Saiter
Beschreibung
"Eine jedem Konzertbesucher vertraute Situation ist das Einstimmen des Orchesters: Der Oboist spielt den Kammerton A, der von den Orchesterinstrumenten (beginnend mit den Streichern) nach und nach übernommen wird und sich dann durch die verschiedenen Instrumentengruppen fortpflanzt. Dabei wird der anfänglich reine Ton immer mehr von verschiedenen Nebentönen überdeckt, sodass zuletzt die paradoxe Situation eintritt, dass trotz zunehmenden Ton-Chaos' das Orchester sich perfekt aufeinander einstimmt.
Der Beginn meines Orchesterfragmentes Detune läßt zunächst an das bekannte Einstimmen des Orchesters denken. Ungewöhnlich ist, dass sich der Oboist von seinem Sitz erhebt, ehe er den Stimmton intoniert, und sich dabei als Solisten outet. Peu-à-peu übernehmen die zweiten Geigen diesen Ton, die anderen Streicher setzen nacheinander in verschiedenen Registern ein, bis sich am Schluß ein über 7 Oktaven ausgespannter glänzender Streicherklang ausbreitet. Eine idyllische Situation, die an Wagner und Mahler denken läßt.
Dieser heilen Welt ist jedoch keine lange Dauer beschieden. Schon bevor sich der Oktavklang opulent in Szene setzt, machen sich in den Bläsern kleine Störungen bemerkbar. Diese greifen immer mehr um sich und trüben den anfänglichen Reinklang durch schrille Multiphonics in den Holzbläsern, die von der Oboe initiiert werden. Dies zeitigt Auswirkungen auf die Streicher: Die festgemeiselten Oktavsäulen beginnen zu wanken und fallen in sich zusammen, wenn die einzelnen Streichinstrumente ihre Intonation verlieren und langsam aus der Stimmung gleiten, um schlußendlich in einen 50stimmigen Cluster zu münden, der sich wie ein Nebelwand aufrichtet. Während dieses Vorganges verliert auch das Blech seine anfängliche Contenance. Halbtonglissandi der Hörner verwandeln den Oktavklang zu Septimenschichtungen; die Spreizung dieser Glissandi in den Posaunen bringt neue Intervalle ins Spiel. Dies führt schließlich zu einem Zwölftonakkord, in den zuletzt auch die Trompeten einstimmen.
Dann aber die "Katastrophe": Der Streicher-Cluster schwillt an, ein Tamtam gesellt sich lärmend dazu und überdeckt das ganze Orchester, welches jäh abreißt. Aus dem langsam abebbenden Nachklang schält sich zuletzt - ganz verschämt - ein Melodiefragment der Oboe heraus.
Dieses einminütige Orchesterfragment entstand am Pfingstmontag des Jahres 2009, nachdem ich in der Nacht davor das Stück geträumt hatte."
Karlheinz Essl
Anlass: ORF Radio Symphonieorchester Wien / geschrieben für den 40. Geburtstag des Orchesters
Uraufführung
20. Oktober 2009
Mitwirkende: Essl Karlheinz, ORF Radio Symphonieorchester Wien
Sendeaufnahme
20. Oktober 2009 ORF - Österreichischer Rundfunk Ö1
Mitwirkende: Essl Karlheinz, ORF Radio Symphonieorchester Wien
Aufnahme
Titel: Detune (2009) - fragment for oboe and large orchestra
Plattform: Soundcloud
Herausgeber: Karlheinz Essl
Datum: 28. September 2009
Quelle: Website Karlheinz Essl
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 20. 3. 2020): Essl Karlheinz . Detune - Fragment für Oboe und großes Orchester. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/161584 (Abrufdatum: 20. 11. 2024).