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floating debris

Werktitel
floating debris
Untertitel
das ist kein Zustand, für Elektronik
Entstehungsjahr
2021
Genre(s)
Neue Musik
Gattung(en)
Elektronische Musik
Besetzung
Elektronik
Besetzungsdetails

Elektronik (1, fixed media)

Beschreibung
"Dem Stück floating debris – das ist kein Zustand liegt die konzeptuelle Auseinandersetzung mit dem diesjährigen Motto der Klangspuren, Transitions, zugrunde. Die Vorstellung der Wirklichkeit als lineare Entwicklung bildet den Kern des abendländischen Logiksystems, und dementsprechend bildet die Vorwärtsbewegung der Zeit die Grundlage unseres Seins: Auf den Zustand A folgt der Zustand B, darauf C und so weiter.

Dazwischen liegt die Transition, der Mechanismus des Werdens. Für die Kybernetik ist dieses Moment zentral. Es gilt den Mechanismus zu (er-)finden, der aus A den Zustand B macht, um ihn abstrahieren, automatisieren und kontrollieren zu können. Wie aber sonst kann ein Verständnis von Welt aussehen, wenn sogar die Vorstellung vom Zyklus als mutwillige Definition linearer Entwicklungen begriffen werden kann? Ursprünglich geradlinige Abläufe werden zu konzeptionellen Kreisen gebogen. Braucht es vielleicht eine eigene Dimension oder eine andere Denkweise?

Unser Verständnis von Realität folgt der normativen Einteilung der Welt in beschreibbare Zustände durch die herrschende Mehrheitsgesellschaft. Im Kern des Begriffs der ‚Transition‘ steht also die Unterwerfung des Dazwischenliegenden durch die beschriebene, auf das Ziel orientierte Hierarchie. Die Vorstellung des Dazwischen wird von dieser verdrängt und kommt in der (re-)produzierten Realität nicht mehr vor, unterdrückt in einem Graubereich der Zeit.

Für Menschen, die sich in Transition befinden, geht es in diesem Graubereich um die körperliche und die geistige Existenz. In der normativen Vorstellungswelt haben räumliche Denkmuster keinen Platz und ihre Zeit besitzt keine Entfaltungsmöglichkeit.

Perspektiven zur Überwindung dieses Defizits skizziert Jonah I. Garde im Artikel Temporalities of Becoming. Trans(chrono)normativity and Imagined Hormone Time so: „Wenn ,Transition die Zeit faltet und unsere relationalen Kapazitäten transformiert‘, wie Julian Carter argumentiert, welche neuen Formen von Beziehungen können entstehen, wenn wir eine Kritik der normativen Vorstellungen von Zeit und Zeitlichkeit in unsere Kritiken der Macht einbeziehen? Wie könnte eine Politik, die an zeitlicher Gerechtigkeit und widerständiger Chronopolitik orientiert ist, aussehen? Welche Formen der Kollektivität, Solidarität und des Miteinanders werden möglich, wenn wir diese Vorstellungen von Linearität, Entwicklung und Fortschritt dekonstruieren? In anderen Worten: Könnte die Revolution eine zeitliche sein?“

Die Mittel der elektronischen Musik eignen sich bestens, um linear gedachte Prozesse aufzubrechen. Klänge können kontinuierlich verschmelzen, sich omnidirektional von einem zum anderen (ver-)formen, sie können gefaltet werden, Feedbackschleifen lassen sich implementieren, Klang kann ausgedehnt, geschrumpft und eingefroren werden. Die Verräumlichung (Spatialisierung) durch das Akusmonium erlaubt die Verwirklichung dieser Techniken in Raum und Zeit. Bewegungen können beschleunigt, verlangsamt und in ihrem Ablauf eingefangen werden, Zyklen und Kontinuitäten können durchbrochen und Relationen im Raum aufgelöst werden.

In diesem Sinne bildet meine Arbeit eine musikalische Reflexion der beschriebenen Überlegungen mit den Mitteln elektronischer Klangverarbeitung und Spatialisierung."
Antonia Sophia Manhartsberger, Werkbescreibung, SoundCloud.com, abgerufen am 02.06.2022 [https://soundcloud.com/aseulenspiegel/floating-debris?si=4c6b4f56126649a3b67bba6557689bf8]

Aufnahme
Titel: Floating debris
Plattform: SoundCloud
Herausgeber: AS Eulenspiegel
Jahr: 2021

Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 2. 6. 2022): Manhartsberger Antonia Sophia . floating debris. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/205550 (Abrufdatum: 26. 4. 2024).