Die Komponistin Linda Bandára wurde am 15. Mai 1881 in Kendal (Indonesien) geboren und verstarb am 20. Juni 1960 in Wien.
Sie wuchs auf der abgelegenen Plantage ihrer Eltern auf, was einen Schulbesuch unmöglich machte. Stattdessen wurde sie von ihren Eltern unterrichtet, wobei ihre Mutter früh das außergewöhnliche Talent ihrer Tochter erkannte. Mit vierzehn Jahren erbte Bandára das Vermögen ihres Onkels und zog nach Graz, die Heimatstadt ihrer Mutter. Dort begann sie bereits in jungen Jahren zu komponieren.
Im Alter von 23 Jahren kehrte sie mit ihrer Mutter nach Java zurück und widmete sich intensiv der javanischen Musik. Durch ausgedehnte Besuche an den Fürstenhöfen und ihre guten Beziehungen erhielt sie Zugang zu den verschiedensten Orchestern. Sie entwickelte eine eigene Notenschrift für die javanische Musik, die auf sieben Linien basierte und zur Aufzeichnung der traditionellen Schrift diente.
1921 hielt sie sich mehrere Monate in Wien auf, mittlerweile mit einem gebürtigen Niederländer verheiratet. In dieser Zeit pflegte sie Kontakte zu Franz Schmidt und Franz Schalk. Ihre Werke, die javanische Musikinstrumente einbezogen, wurden 1922 von den Wiener Symphonikern aufgeführt. Ab 1929 pendelte sie zwischen ihren Wohnsitzen in Wien und Java. Nach dem Tod ihres Mannes verhinderte die politische Lage eine Rückkehr nach Java.
Die letzten Kriegs- und Nachkriegsjahre verbrachte Linda Bandára in Pfarrkirchen, Oberösterreich. 1951 ließ sie sich endgültig in Wien nieder. Trotz unermüdlicher Arbeit als Komponistin und ihrer Vorträge über javanische Musik konnte sie an ihren früheren Erfolg nicht mehr anknüpfen. Ihre Sammlung javanischer Musikinstrumente vermachte sie dem Wiener Museum für Völkerkunde, verbunden mit der Auflage, diese den Wiener Symphonikern zur Verfügung zu stellen. L. B.s Lebenswerk bestand darin, die javanische Musik in die europäische klassische Tradition einzubringen und so eine kulturelle Brücke zwischen den Welten zu schlagen.
Nach biografiA: Bandára Linda, abgerufen am 14.01.2025 [http://biografia.sabiado.at/bandara-linda/]
- Auszeichnungen
1920/1921 Sultanat von Yogyakarta (Niederländisch-Indien): Erhalt eines sehr großen Gamelans als Dank für ihre Förderung der javanischen Musik
1921 Kompositionswettbewerb - Java Institute Yogyakarta (Niederländisch-Indien): 1. Preis (Javanese Symphony)
1924 Wettbewerb - Krido-Bekso-Wiromo Society for the Performing Arts, Yogykarta (Niederländisch-Indien): 2. Platz (Entwicklung einer eigenen Notenschrift für javanische Musik (Djojodipoero-Hofland-System))- Ausbildung
1882–1895 Kendal (Niederländisch-Indien): Heimunterricht bis zur Gymnasialreife (Johann Leber, Maria Anna Leber, Julia Ardern)
1882–1901 Kendal (Niederländisch-Indien)/Graz: Privatunterricht Klavier, Komposition (Maria Anna Leber)
1901–1908 Wien: Privatunterricht Komposition (Joseph Marx, Gustav Mahler)
1904–1905 Graz: Privatunterricht Komposition (Siegmund von Hausegger)
1921 Krido-Bekso-Wiromo Society for the Performing Arts, Yogykarta (Niederländisch-Indien): Gamelan - Diplom- Tätigkeiten
1886 Kendal (Niederländisch-Indien): erste eigene Kompositionen
1896–1899 Graz: Umzug als Universalerbin ihres verstorbenen Onkels
1899–1901 Kendal (Niederländisch-Indien): Rehabilitation nach einer Lungenentzündung
1900 Übernahme des Künstlernamens "Linda Bandára"
1908–1930 Studium der javanischen Musik - an javanischen Fürstenhöfen Zugang zu Orchestern/mündlicher Tradition der Musikvermittlung/Herstellung von Instrumenten
1912–1930 Kebonhardjo/Yogyakarta (Niederländisch-Indien): Familienleben auf diversen Zuckerplantagen
1912–1930 divese Reisen nach Wien zwecks Vorträgen, Aufführungen ihrer Werke
1920–19?? Krido-Bekso-Wiromo Society for the Performing Arts, Yogykarta (Niederländisch-Indien): Mitglied
1924 Wiener Staatsoper: Schenkung von 4 Gongs
1930–1943 Wassenaar (Niederlande): Umzug aufgrund der beruflichen Tätigkeit ihres Gatten, Komponistin
1943–1951 Pfarrkirchen: notwendiger Umzug aufgrund der politischen Entwicklungen im 2. Weltkrieg, Komponistin
1950–1960 Wien: Vortragende (Javanische Musik), Komponistin
1959 Museum für Völkerkunde, Wien: testamentarisches Legat ihrer javanischen Instrumente (Gongs, Metallophone)Bekanntschaft mit bekannten Komponist:innen/Musiker:innen, u. a.: Siegmund von Hausegger, Franz Schmidt, Franz Schalk, Joseph Marx, Gustav Mahler
Mitglied diverser Organisationen, bspw.: Deutsch-Österreichischer Autorenverband, Verband der Geistig Schaffenden Österreichs- Aufführungen (Auswahl)
1922 Wiener Philharmoniker, Franz Schalk (dir), Musikverein Wien: Ländliche Stimmungsbilder (UA)
- Pressestimmen (Auswahl)
22. März 1927
"Alles an dieser Frau ist Musik; die Sprache, die Bewegung, das dunkel brennende Auge. Und sie selber stellt das seltsamste Gemisch anheimelnden Wienertums und phantasievoller Exotik dar. Jetzt spricht aus ihr die hochkultivierte altösterreichische Patriziertochter, deren Mutter eine Bruckner-Schülerin war und die selber mit vier Jahren schon Bach spielte und komponierte; und dann versinken dem Auge plötzlich der altwiener Salon, der Biedermeierschrank und die alte Spieluhr. Man glaubt sich in das Dunkel des Urwaldes versetzt. Bergriesen türmen sich rings empor und die eigentümlich weichen Klänge der Tropenstadt steigen auf [...]. Linda Bandara-Hofland ist selber Komponistin. Eine ihrer sieben Synrphonien wurde vor vier Jahren von den Wiener Philharmonikern aufgeführt, eine Pantomime "Die gestörte Siesta" wurde im Sommer von Direktor Schalk für die Oper angenommen und ein Band Lieder sind eben in Druck erschienen. Es sind sozusagen Werke des europäischen Javanismus, die Linda Bandara geschaffen hat, und diese Werke sichen sowohl in Europa als auch in Java zahlreiche Anhängerschaft; weisen sie doch den Weg einer Annäherung zweier Kulturwelten. Die nächste Arbeit dieser merkwürdig energischen Frau ist nun darauf gerichtet, alle javanischen Musikinstrumente für europäische Verhältnisse umbauen zu lassen, eine Arbeit, die viele Jahre des Studiums erforderte. Ihr Traum wäre, ein javanisches Orchester noch Wien zu bringen."
Wiener Allgemeine Zeitung 48. Jg./Nr. 14645: Javanische Musik: Gespräch mit Linda Bandara-Hofland (Elisabeth Thruy, 1927), S. 4, online abrufbar unter: ANNO Historische Zeitungen und Zeitschriften: https://anno.onb.ac.at/- Literatur
1987 Cohen, Aaron I.: FALTIS, Evelyn. In: International encyclopedia of women composers. New York, NY [u.a.]: Books & Music, 2. Aufl. Online abrufbar unter: https://rme.rilm.org/article?id=iew10368&v=1.0&rs=iew10368.
2001 Marx, Eva: Bandára Linda (geb. Sieglinde Leber, verw. Hofland, Pseud. Linda Bandrára). In: Marx, Eva / Haas, Gerlinde (Hg.): 210 österreichische Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Wien/Salzburg: Residenz Verlag, S. 57–62.
2007 Mak van Dijk, Henk: De oostenwind waait naar het westen. Indische componisten, Indische composities, 1898–1945. Leiden: Brill/KITLV Uitgeverij in Zusammenarbeit mit dem Nederlands Muziek Instituut.
2010 Kraus, Werner: Benevolenter Orientalismus? Linda Bandaras Bemühen um die Javanische Musik. In: Gottowik, Volker: Die Ethnographen des letzten Paradieses: Victor von Plessen und Walter Spies in Indonesien. Bielefeld: transcript, S. 241–265.
2012 Kuiper, Klaus: Linda Bandára and the gamelan. A musical soul between east and west. In: Tijdschrift van de Koninklijke Vereniging voor Nederlandse Muziekgeschiedenis, DEEL LXII-1/2 (2012), S. 87–126, abgerufen am 14.01.2025 [https://www.academia.edu/6325570/TIJDSCHRIFT_VAN_DE_KONINKLIJKE_VERENIGING_VOOR_NEDERLANDSE_MUZIEKGESCHIEDENIS].
2015 Linda Bandára. In: Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres – Kulturpolitische Sektion (Hg.): KALLIOPE Austria - Frauen in Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft, S. 159, abgerufen am 15.01.2025 [https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/Zentrale/Kultur/Publikationen/KALLIOPE_Austria-Frauen_in_Gesellschaft__Kultur_und_Wissenschaft.pdf].
2020 Mak van Dijk, Henk: Linda Bandara: Composer in Java, the Netherlands and Austria. Amsterdam: Uitgeverij West.Eigene Publikationen
1910/1911 Bandára, Linda: Über javanische Musik. In: Die Musik 10, S. 341–347.
1917 Bandára, Linda: Is de Javaansche toonkunst voor verdere ontwikkeling vatbaar? In: De Taak 1/4 (1917), S. 34–35.
1917 Bandára, Linda: Over Javaansche muziek. In: De Taak 1/22 (1917), S. 267–270.
1918 Bandára, Linda: Kunstnieuws. Over een concert van Mario Paci en Marie Last. In: De Taak 1/1 (1918), S. 609–610.
1918 Bandára, Linda: Muzikale beschouwingen I. Over slechte piano's en slechte vleugels, over de concertpraktijk en vrijkaartjes voor Javanen. In: De Taak 1/34 (1918), S. 405–406.
1918 Bandára, Linda: Muzikale beschouwingen II. Over Soerjo Poetro’s javaansch muziekschrift. In: De Taak 1/45 (1918), S. 537–538.
1918 Bandára, Linda: Beschouwingen over muziek III. Over Romain Rollands boek Musiciens d'aujourdhui. In: De Taak 1/52 (1918), S. 622–623.
1926 Bandára, Linda: Das javanische Orchester. In: Die Musik 18, S. 362–365.
1944 [1948/1949] Sindoro, Lia [aka Bandára, Linda]: Anak Djawa: Lebensweg einer Künstlerin. Ohne Verlag.
1955 Bandára, Linda: Musik und Musikinstrumente in Java. In: ÖMZ 10(2)/1955, S. 47–53.- Quellen/Links
biografiA: Bandára Linda
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 15. 1. 2025): Biografie Linda Bandára. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/212087 (Abrufdatum: 20. 1. 2025).