Michael Mantler © Gorm Valentin, ECM Records
Michael Mantler wuchs in St. Pölten auf und studierte Trompete an der Wiener Musikakademie. Kurz nach der Matura absolvierte er auf Vermittlung eines Professors ein zweimonatiges Praktikum in der Fabrik des Trompetenbauers Vincent Bach. Ein Jahr später - 1962 - brach er seine Zelte in Österreich endgültig ab, um am Berklee College in Boston zu studieren. Früh kam er in Kontakt mit der New Yorker Avantgarde, u.a. mit Cecil Taylor, Archie Shepp, Sun Ra und der Jazz Composer's Guild aus der 1968 die von Mantler initierte Jazz Composer's Orchestra Association (JCOA) hervorgehen sollte, eine Vereinigung mit dem Ziel neue Kompositionen für Jazz Orchester zu beauftragen, zu präsentieren, und auf Platten zu veröffentlichen. Damals lernte er auch seine spätere Frau Carla Bley kennen. Vertriebsprobleme der JCOA-Platten brachten ihn dazu, 1972 das New Music Distribution Service zu etablieren, eine Gesellschaft die viele unabhängige Plattenlabels während der nächsten 20 Jahre unterstützte. Mit der Carla Bley Band, und auch mit eigenen Gruppen folgten weltweite Tourneen und zahlreiche Plattenaufnahmen mit verschiedensten Besetzungen. Er erhielt Kompositionsstipendien vom Creative Artists Program Service, dem National Endowment for the Arts u.a.
Auftragsarbeiten und Aufführungen von und mit Europäischen Orchestern folgten: Konzerte beim Nord- und Westdeutschen Rundfunk, der Oper in Lille, sowie beim Schwedischen und Dänischen Rundfunk. 1991 kehrte er nach Europa zurück, um in Kopenhagen zu leben und arbeiten. Weitere Auftragsarbeiten wurden u.a. vom Niederösterreichischen Donaufestival, der Danish Radio Big Band und der Big Band des Norddeutschen Rundfunks in Hamburg angefordert. Weitere Studioaufnahmen folgten: "Cerco Un Paese Innocente", eine 70-minütige Lieder Suite für Stimme, Untypische Big Band und Kammerensemble nach Texten des grossen Italienischen Dichters Giuseppe Ungaretti und "The School of Understanding". One Symphony, eine Auftragsarbeit des Hessischen Rundfunks, wurde im November 1998 beim Forum Neue Musik vom Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt unter der Leitung von Peter Rundel uraufgeführt. Das Werk wurde von ECM im Februar 2000, zusammen mit den bisher unveröffentlichten Songs (mit dem "Chamber Music and Songs Ensemble" und Mona Larsen, Lieder mit Texten von Ernst Meister interpretierend) herausgegeben.
Hide and Seek, ein Album mit Liedern nach Texten von Paul Auster, für Kammerorchester und zwei Sänger (Robert Wyatt und Susi Hyldgaard), wurde im März 2001 veröffentlicht. Multi-Media Musiktheater Produktionen, inszeniert von Rolf Heim (der mit Mantler schon an The School of Languages arbeitete), fanden im Frühjahr 2002 in Kopenhagen (Kanonhallen) und Berlin (Hebbel Theater) statt. Er arbeitete an verschiedenen Kammermusikwerken und einer Serie von Concertos für Orchester und Instrumentalsolisten. Das erste in der Reihe, ein Marimba/Vibraphone Concerto (ursprünglich von dem Portugiesischen Perkussionisten Pedro Carneiro beauftragt), wurde März 2005 im Hessischen Rundfunk beim Forum Neue Musik vom Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt unter der Leitung von Pascal Rophé uraufgeführt. Im September 2006 kehrt Mantler anläßlich einer ihm zugeeigneten Porträts im Wiener Porgy&Bess erstmals seit den Achtziger Jahren auf eine österreichische Bühne zurück. Für den Herbst des selben Jahres ist die Veröffentlichung der CD "Review" geplant, einer 22 Stücke umfassenden Werkschau mit Stücken, die zwischen 1968 und 2000 entstanden.
Quelle: http://www.mantlermusic.com - September 2006
Ausbildung
MUK - Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (früher: Konservatorium Privatuniversität Wien) Wien Trompete
1962 Berklee College of Music Boston - USA Trompete
Universität Wien Wien Musikwissenschaft
Tätigkeiten
1968 New York Gründung der Jazz Composer's Orchestra Association
1972 New York Gründung des New Music Distribution Service
1974 Gründung des WATT-Labels
1993 Gründung des Ensembles Chamber Music and Songs
langjährige Tätigkeit als Organisator und Manager für seine Gattin Carla Bley
Aufträge (Auswahl)
Donaufestival Krems
Danish Radio Big Band
hr - Hessischer Rundfunk
NDR - Norddeutscher Rundfunk
Danmarks Radio - Dänischer Rundfunk
Aufführungen (Auswahl)
1997 Hebbel Theater Berlin The School of Understanding
2002 Kopenhagen Hide and Seek
2005 HR Sinfonieorchester Frankfurt am Main Marimba/Vibraphone Concerto
2006 Porgy & Bess Wien Künstlerporträt
Auszeichnungen
2004 Republik Österreich Österreichischer Staatspreis für improvisierte Musik
2004 Bundeskanzleramt Österreich Kunst und Kultur: Würdigungspreis für Musik
2006 Stadt St. Pölten Jakob-Prandtauer-Preis
Pressestimmen
21. September 2006
Dem Jazz-Genre, dem er nicht selten zugeordnet wird, ist er längst entwachsen [...] Mantler sitzt zwischen den Stühlen und das konsequent. Für den Konzertbetrieb, so wird zurzeit im Porgy & Bess hörbar, ist seine Musik in ihrer neoromantisch-postminimalistischen Elegik zweifellos zu konventionell. Und doch bietet sie Momente von eindringlicher Tiefe: Etwa dann, wenn sich in der Vertonung von Becketts suchender Poesie Mona Larsens gerade in ihrer Begrenztheit ausdrucksstarken Stimme auf Gänsehaut-Glissandi des Kammerorchesters trifft - und darüber Mantlers dunkle Trompetenstimme wie ein Mahnmal ruht.
Der Standard (Andreas Felber)
2000
Musikalisch ist bei dem bekennenden Bartók- und Varèse-Fan Mantler, der sich selbst nicht als Jazzmusiker begreift, eine Entwicklung von der Improvistaion hin zur Komposition zu konstatieren, wobei auch schon bei den Einspielungen mit dem Jazz Composer's Orchestra die orchestralen Teile notiert waren.
Falter (Klaus Nüchtern)
2000
Ein wenig amüsiert reagiert Michael Mantler auf immerwiederkehrende Fragen nach seinen klassischen Ambitionen. "Es ist irgendwie schon eigenartig. Für klassische Musiker ist meine Musik zweifelsfrei Jazz, spreche ich mit Jazzfans, werde ich gefragt, warum ich als Jazzmusiker nun klassische Musik komponiere. Für mich spielt das keine Rolle, was zählt, ist der musikalische Ausdruck, der vom Zuhörer emotional erfaßt werden kann und ihm persönliche Interpretationen erlaubt. Selbstverständlich sind meine Wurzeln im Jazz, und ich komponiere keine klassische Musik, auch wenn ich Stücke für den Klangkörper eines Symphonieorchesters schreibe."
(Michael Mantler in einem Interview)
Concerto (Martin Volgger)
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 7. 3. 2024): Biografie Michael Mantler. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/70216 (Abrufdatum: 4. 12. 2024).