Solo: Sopran, Frauenstimmen (3)
Frauenchor, Orchester
Beschreibung
"Der Titel „Stabat Mater Furiosa“ spielt auf das mittelalterliche lateinische Gedicht „Stabat Mater“ an, das sich auf die schmerzerfüllte Mutter unter Jesu am Kreuz bezieht. „Furiosa“ erweitert die spirituelle Bedeutung um eine emotionale: Die Wut tritt in den Vordergrund. Nicht aber als schreckerfüllte Starre, sondern als Ausruf des Schmerzes, der die Gewalt und Gräuel der Gegenwart vor Augen führen und eine Reaktion herbeiführen soll.
Im Wutgedicht von Siméon klagt eine Frau über den Krieg, sie attackiert die Ausprägungen der Unterdrückung. Sei es durch patriarchale Strukturen, häusliche Gewalt oder gesellschaftliche Normen. In seiner Komposition verstärkt Mahmoud diese einzelne Stimme: Drei Schauspielerinnen sind eine Frau, das Vokalensemble des Mozarteums wird zu ihrem Gewissen. „In der Partitur stecken deshalb auch Züge eines Spieltheaters“, so Mahmoud. „Schließlich haben neben der Solistin Jenifer Lary und dem Orchester auch die Schauspielerinnen klare Einsätze.“ Trotzdem merke man sofort, dass es sich um einen Monolog handelt. Auch die Musik verstärke dieses Gefühl.
„Man soll aufgeweckt und schockiert werden, wie grausam Nationalismus sein kann“, so der Komponist. „Und es soll deutlich erfahrbar sein, dass alle Wesen gleichsam leiden, wenn Hass in Gewalt und Gewalt in Krieg überschlägt.“ Als gebürtiger Ägypter hat Hossam Mahmoud am eigenen Leib erfahren, was Unruhen im eigenen Land auslösen können. „Der Egoismus der Menschen setzt sich im Krieg immer durch. Es ist wichtig, sich stets daran zu erinnern, dass jeder Mensch einen Wert hat.“ Auch darum erkläre uns die Stimme der Frau in der „Stabat Mater Furiosa“ den Hass – sie fragt, was es bedeutet, wen wir hassen und unterdrücken und morden.
Dass der Monolog nicht wie im Original auf Französisch, sondern auf Deutsch gehalten ist, unterstreicht die Drastik der Gefühle. Die französische Sprache sei zu fein, sagt Mahmoud. „Auf Deutsch drückt das Stück hingegen viel mehr aus.“ Dabei habe er zu Beginn sogar mit dem französischen Libretto von Ollivier zu komponieren begonnen. Erst die Intervention von Kai Röhrig, dem musikalischen Leiter der Oper, führte zum sprachlichen Umdenken. „Ich bin ihm ehrlich dankbar dafür“, meint Mahmoud. „Unser Konzept wäre im Französischen nicht aufgegangen.“
Ein Konzept, das bereits im Laufe der Komposition immer aktueller geworden sei, so Mahmoud. „Schließlich herrscht gegenwärtig Krieg. Das beschäftigt mich. Es beschäftigt uns alle.“ Die Wut über unsere realen Umstände führe aber – gleich wie in der „Stabat Mater Furiosa“ nicht zu Hass und fege auch nicht wie ein Sturm im Fortissimo über uns hinweg. Sie veranlasse viel eher zur Innenschau – „zu einem Schrei, der kein Aufschrei nach außen, sondern ein Aufruf nach innen ist“, so Mahmoud. Darin stecke der Traum: Eine bessere Welt ist möglich. Wenn auch nichts bleibt, die Hoffnung besteht."
Christoph Benkeser (2024): „ES IST EIN NACKTER TEXT OHNE SCHLEIER“ – HOSSAM MAHMOUD ÜBER „STABAT MATER FURIOSA” BEIM ASPEKTEFESTIVAL 2024. In: mica-Musikmagazin.
Uraufführung
7. März 2024 - Salzburg
Veranstaltung: aspekteSALZBURG 2024
Mitwirkende: Jenifer Lary (Sopran), Annalisa Hohl, Darka Mavlenko, Mariia Tkachenko, Absolventinnen des Thomas-Bernhard-Instituts, Vokalensemble der Universität Mozarteum Salzburg, Instrumentalensemble, Kai Röhrig (musikalische Leitung), Rosamund Gilmore (Regie)
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 6. 3. 2024): Mahmoud Hossam . Stabat Mater Furiosa. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/209802 (Abrufdatum: 21. 11. 2024).