Flöte (1, auch Piccolo), Oboe (2, auch Englischhorn), Klarinette (2), Horn (1), Posaune (1), Klavier (1, auch Celesta), Cembalo (1), Violine (2), Viola (1), Violoncello (1), Kontrabass (1)
ad Cembalo: auch Hammondorgel oder Harmonium
I Corrente (Fließend)
II Calmo, sostenuto
III Movimento preciso e meccanico
IV Presto
Stilbeschreibung:
Der Titel »Konzert« zeigt an, dass alle Instrumentalpartien für Virtuosen gleichen Ranges geschrieben sind. Es gibt daher keine Teilung in »Soli« und »Tutti« wie im traditionellen Konzert. Stattdessen alternieren verschiedene Gruppen von Instrumenten, wobei die polyphone Textur stets erhalten bleibt. Die musikalische Sprache des Werkes ist, wie in allen meinen Kompositionen seit Mitte der sechziger Jahre, weder tonal noch atonal. Es gibt weder tonale Zentren noch irgendwelche harmonischen Kombinationen oder Fortschreitungen, die man funktional deuten könnte. Andererseits sind die zwölf Töne der chromatischen Skala nicht als solche, wie in der »Reihenmusik«, gleichgewichtig behandelt. Es gibt bestimmte dominierende Kombinationen von Intervallen, die den Verlauf der Musik und die Entwicklung der Form bestimmen. Die komplexe Polyphonie der individuellen Stimmen ist eingebettet in ein harmonisch-musikalisches Fließen, in dem die Harmonien (das heißt die vertikalen Kombinationen der Intervalle) sich nicht plötzlich ändern, sondern ineinander übergehen. Eine klar erkennbare Intervallkombination wird graduell verschleiert, verwischt, bis aus diesem »Nebel« eine neue Intervallkombination schrittweise Gestalt gewinnt.
Jeder Satz dieses Kammerkonzerts ist durch eine spezifische rhythmische Textur und einen bestimmten Bewegungstyp charakterisiert. Der erste Satz ist sanft und fließend, die heterogenen rhythmischen Figuren bilden einheitliche Klangmuster. Die Textur des zweiten Satzes ist stärker homophon. Sein Charakter ist zunächst eher statisch, erscheint dann aber aufgebrochen von kraftvollen, prägnanten Figuren. Im Verlauf dieser dynamischen Entwicklung verändert die harmonische Struktur sich allmählich und kulminiert schließlich in einer Zusammenballung übereinandergeschichteter Quinten. Der dritte Satz ist quasi-mechanisch, ähnlich einer seltsamen, halb zerbrochenen Präzisionsmaschine, die in Gang gesetzt wird. Polyrhythmik und Polymetrik werden in diesem Satz besonders betont. Derartige Techniken erscheinen zwar auch in den übrigen Sätzen, aber in geringerem Ausmaß und in anderer Form. Der vierte Satz ist sehr rasch und erfordert große Virtuosität. Er gleicht einem Perpetuum mobile, doch wird die Presto-Bewegung »zerschlagen« und schrittweise unterminiert. Die Musik wird gleichsam in Fetzen zerrissen und gerät schließlich ganz aus den Fugen. Teile von Melodien tauchen auf, doch führen sie zu nichts und nirgendwohin. Es ist, als ob die Musik mit Schlingpflanzen durchwachsen wäre.
Einführungstext zu einer Aufführung im Rahmen des Festivals Wien modern am 22. Dezember 1989 in Wien.
Abdruck aus: György Ligeti, Gesammelte Schriften (Veröffentlichungen der Paul Sacher Stiftung, Bd. 10), hrsg. von Monika Lichtenfeld, Mainz: Schott Music 2007, Bd. 2, S. 255-258. © Paul Sacher Stiftung, Basel und Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz, Bestellnummer: PSB 1014
Quelle: Karsten Witt Musik-Management
Anlass:
Uraufführung:
Berlin
Mitwirkende: Cerha Friedrich
Veranstaltende Organisation: Berliner Festwochen
Aufnahme:
Titel: Clear or Cloudy
Label: Decca Records
Titel: György Ligeti
Label: Deutsche Grammophon
Titel: Kammerkonzert. Ramifications. Lux Aeterna. Atmosphères
Label: Sony Music Entertainment Austria GmbH
Titel: Konzerte
Label: Valois (Auvidis)
Titel: Musik des 20. Jahrhunderts
Label: Wergo - Schott Music GmbH & Co. KG
Titel: Passport to the 20th Century
Label: Montaigne
2010 Titel: The György Ligeti Edition. Complete Works
Label: Sony Music Entertainment Austria GmbH
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 27. 3. 2020): Ligeti György . Kammerkonzert - für 13 Instrumentalisten. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/125606 (Abrufdatum: 23. 12. 2024).