Direkt zum Inhalt

Konzert für Violoncello und Orchester

Werktitel
Konzert für Violoncello und Orchester
Opus Nummer
WV 120
Komponist:in
Entstehungsjahr
1989
Überarbeitungsjahr
1996
Dauer
~ 37m
Genre(s)
Neue Musik
Gattung(en)
Orchestermusik
Besetzung
Soloinstrument(e)
Orchester
Besetzungsdetails

Orchestercode: Vcl - 1/1/2, SSax/1 - 2/2/2/0 - 3 Perc, E-Org - 8/8/6/4/3
Solo: Violoncello (1)

Flöte (1, auch Piccoloflöte), Oboe (1), Klarinette (2), Fagott (1), Sopransaxophon (1), Horn (2), Trompete (2), Posaune (2), Perkussion (3), Violine (16), Viola (6), Violoncello (4), Kontrabass (3), Elektroorgel (1)

Art der Publikation
Verlag
Titel der Veröffentlichung
Friedrich Cerha: Konzert - für Violoncello und Orchester
Verlag/Verleger

Bezugsquelle: Universal Edition
Partitur-Preview und Hörbeispiel: Universal Edition
Manuskript (Autograf): Archiv der Zeitgenossen
Ansichtsexemplar: Österreichische Nationalbibliothek

Beschreibung
"Ich sollte für Wien Modern 1989 auf Wunsch von Heinrich Schiff ein Stück für Violoncello und Orchester schreiben. Obwohl ich damals noch meine Schwierigkeiten mit dem Instrumentalkonzert und überhaupt mit einem konzertanten Stil hatte, ist spontan in kurzer Zeit das Phantasiestück in C’s Manier entstanden, das dem „Konzertieren” im engeren Sinn aus dem Weg ging. Erst mit dem Bratschenkonzert von 1993 bin ich zu für mich neuen Möglichkeiten des Konzerts gelangt und 1996 sind dann im Auftrag der Berliner Festspiele die zwei das Phantasiestück umrahmenden Sätze gewachsen, wodurch sich ein veritables großes Cellokonzert ergeben hat.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine große Vielgliedrigkeit und Vielschichtigkeit   e i n   charakteristisches Element in meinen Konzertformen aus letzter Zeit darstellt. Im ersten Satz bildet ein heftig beginnendes Wechselspiel zwischen Violoncello und Orchester, das sich allmählich beruhigt, wobei die Einwürfe des Orchesters immer kürzer und unbedeutender werden, eine Introduktion. Der folgende, sehr erregte erste Abschnitt ist charakterisiert durch Ketten aus gleichlangen Noten, die aber in der Aufeinanderfolge von verschiedener Dauer sind (Achtel, Triolenachtel, punktierte Quintolenachtel etc.).

Ein nächster Abschnitt entwickelt sich in kurzen Sechzehntelfloskeln des Solovioloncellos über pizzicati der Streicher vor dem Hintergrund zweier papuanischer Rhythmen der Bongos und Congas. Es handelt sich aber weder hier noch später - in stärkerem Ausmaß - um zitierte Exotik, sondern um die Integration prinzipieller musikalischer Denkweisen; das Stück gehört ganz unserem Kulturkreis an. - Ein dritter Abschnitt ist ganz auf eine Cantilene des Soloinstrumentes gestellt, die kontrapunktiert wird durch die Steel-Drums und Triolenachteleinwürfe der Bratschen. Ihm folgt ein langsamer, lyrischer Teil, der einige Elemente enthält, die den 2. Satz, das Phantasiestück, antizipieren. Ein accelerando des Solovioloncells leitet über zu einer Reprise der drei oben beschriebenen Abschnitte, allerdings sehr gerafft und stark variiert. Der Satz wird nach einem kleinen Orchesterzwischenspiel in einem lyrischen Charakter geschlossen, der zunächst ein Element aus dem letzten Abschnitt des zweiten Satzes zitiert und dann mit einer Allusion an den Anfang des zweiten Satzes endigt.

Der letzte Zusammenklang ist genau der gleiche, mit dem das Phantasiestück in C’s Manier beginnt. Der durchaus zweideutige Titel erinnert an E.T.A. Hoffmann und damit an den Maître Graveur Jacques Callot aus dem 17. Jahrhundert, zugleich steht aber der Buchstabe C für mein eigenes musikalisches Denken. Parallelen zwischen meinem Stück und Callotschen Stichen können insofern gefunden werden, als auch hier gleichsam mikrostrukturelle Motivabwandlungen innerhalb von eher statisch wirkenden Gesamtkompositionen anzutreffen sind. - Der erste langsame Teil des Satzes ist bestimmt durch den uralten melodischen Quartfall und eine breite Cantilene des Violoncellos, beides eingehüllt in differenzierte polymetrische Bildungen, zu denen ich durch afrikanische Musik angeregt worden bin. Der in den Streichern gespenstisch anhebende bewegte Mittelteil führt zu einem aus kompliziert wechselnden Metren bestehenden Thema. Eine Steigerung wird gefolgt von einer Passage wirr durcheinandergeschichteter rascher Bewegungen in allen Bläsern, Orgel, Vibraphon und Glocken, aus denen sich allmählich das Solovioloncello melodisch herausschält. Die Bewegungen der übrigen Stimmen gehen kontinuierlich in gleichmäßige Sechzehntelfolgen über und führen zum wieder ruhigen letzten Teil, der das Material des ersten rekapituliert, allerdings in anderem Zusammenhang stellt und mit anderen Inhalten kombiniert, die schon am Schluss des ersten Satzes initiiert worden sind.

Die Einleitung zum dritten Satz beginnt wieder (fast) mit dem gleichen Zusammenklang, mit dem der zweite Satz endet. Der erste große, lebhafte Abschnitt ist durch Vielgliedrigkeit, durch rasch wechselnde Gestalten und Situationen bestimmt und entzieht sich einer Beschreibbarkeit in Kurzform. Eine langsame, lyrische Sektion greift auf Elemente des Phantasiestücks (Quartfall, Cantilene des Soloinstruments) zurück. Im folgenden, wieder schnelleren Teil kehren die Gestalten und Situationen des ersten wieder, aber variiert, in anderer Reihenfolge und in neuen Zusammenhängen. Er endigt in einer langsamen Episode mit einer letzten Reminiszenz an das Phantasiestück. In einer zarten, duftigen, schnellen Coda löst sich das Stück auf."
Friedrich Cerha (Werkeinführung, Universal Edition), abgerufen am 23.03.2021 [https://www.universaledition.com/friedrich-cerha-130/werke/konzert-3151]

Auftrag: Berliner Festspiele

Widmung: Heinrich Schiff

Uraufführung
11. September 1998 Philharmonie Berlin
Veranstalter: Berliner Festspiele
Mitwirkende: Berliner Philharmoniker, Heinrich Schiff (Violoncello), Michael Andreas Gielen (Dirigentin)

Aufnahme
Titel: Cerha/Schreker
Jahr: 2007 
Label: ECM Records (CD)
Mitwirkende: Heinrich Schiff (Violoncello), Netherlands Radio Chamber Orchestra, Peter Eötvös (Dirigent)

Titel: Friedrich Cerha: Cello Concerto - Susanna Mälkki - Bruno Weinmeister
Plattform: YouTube
Herausgeber: HelsinkiPhilharmonic
Datum: 24.05.2016
Mitwirkende: Bruno Weinmeister (Violoncello), Helsinki Philharmonic Orchestra, Susanna Mälkki (Dirigent)
Weitere Informationen: Live Mittschnitt am 4. Februar 2016, in Helsinki Music Centre

Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 8. 3. 2023): Cerha Friedrich . Konzert für Violoncello und Orchester. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/139438 (Abrufdatum: 28. 3. 2024).