Flöte (3), Oboe (2), Klarinette (3), Fagott (3), Horn (4), Trompete (3), Posaune (3), Tuba (1), Pauke (1), Perkussion (2), Harfe (1), Violine (13), Viola (5), Violoncello (4), Kontrabass (4), Synthesizer (1)
Das 100-jährige Jubiläum des Innsbrucker Symphonieorchesters war der Anlass für den Kompositionsauftrag eines größer dimensionierten Orchesterwerkes. Die konkrete Gestaltung war mir freigestellt: Was lag nä¬her, als den Jubilar zum Thema meiner Arbeit zu machen und ein "Konzert für Orchester" zu schreiben.
Die Bezeichnung birgt einen Widerspruch in sich, trotz der gewaltigen Assoziationen, die sich seit Bartóks epochaler Schöpfung von selbst erge¬ben. Erscheint doch das die Form des Konzertes bestimmende Prinzip des Miteinander-Wetteiferns, die Opposition Individuum - Kollektiv durch den scheinbaren Wegfall des Solisten aufgehoben.
Doch in Wahrheit ist es nicht der Solist, der verdrängt wurde, vielmehr ist es das Kollektiv, das sich emanzipiert, das sich selbst zum Solisten deklariert, wobei sich das streitbare Element gleichsam nach innen kehrt: Die Gruppe blättert sich auf, innere Strukturen werden sichtbar. Die musikalische Darstellung verschie¬dener Verhaltensmuster, wie sie typisch sind für im grö¬ßeren Verbund miteinan¬der lebender Menschen, das ergab sich für mich als Herausforderung eines zu schreibenden "Konzerts für Orchester". Mit ande-ren Worten, es ist der Versuch, den "Solisten" - das Orchester - zu durch¬leuchten und gleichzeitig auch die ein¬zelnen "Steine des Mosaiks" - die Musiker - ihrerseits sowohl als Gruppen wie auch als Individuen hörbar zu machen.
So kommen im Laufe des Stückes verschiedenste Prozesse in Gang, wie sie sich innerhalb einer Gemeinschaft ergeben können. Nur etappenweise for¬mie¬ren sich alle Mitglieder geschlossen zu einer Einheit. Oft bilden sich klei¬nere Formationen, treten gegeneinander an, in Konkurrenz oder gar kämpfe¬risch; Individuen lösen sich ab und treten in der Vordergrund, stellen sich der Masse entgegen, oder aber es kommt zu einem "Schneeballeffekt": Ein Einzelner gibt den Impuls (es muss gar kein "Rattenfänger" sein!), die ande¬ren stei¬gen ein, und nach und nach türmt sich ein Stein auf den anderen. Bei alle¬dem gibt es grund¬sätzlich zwei Verhaltens-, sozusagen "Kommunikations¬muster": das Miteinander und das Gegeneinander. Beide gewinnen in Hinblick auf die musikalische Rhetorik Gestalt. Die Komposition pendelt immer wieder zwischen Synchronität und Asynchronität. Passagen rhythmischen "Gleichschritts" lösen sich ab mit Abschnitten, in denen einzelne Instrumentalstimmen scheinbar unabhängig voneinander verlaufen, ja einander ausdrücklich zu widersprechen scheinen. Die Begriffe "Ordnung" und "Chaos" stehen dabei als Pole eines gruppendy¬namischen Spannungsfeldes im Raum.
Auftrag:
Uraufführung:
22. September 1993 Kongresshaus Innsbruck - Österreich
Mitwirkende: de Roo Kasper, Tiroler Symphonieorchester Innsbruck
Sendeaufnahme:
ORF/Landesstudio Tirol, Tirol
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 27. 3. 2020): Lichtfuss Martin . Konzert für Orchester. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/140274 (Abrufdatum: 20. 11. 2024).