Gerhard Lampersberg © Alexander Schlee
Gerhard Lampersberg studierte an der Musikuniversität Wien. Über seine Studienzeit äußerte er später: "Ich habe bei Alfred Uhl studiert, eigentlich zwölf Semester für die Katz'. [...] Er verstand meine Musik nicht und wollte mich zu einem Psychiater schicken. - Ich habe eigentlich kaum etwas anderes studiert als mich selbst". In autodidaktischen Studien eignet er sich die Techniken der Zwölftonkomposition an.
Lampersberg war sowohl als Komponist als auch als Autor tätig und erfolgreich, wurde aber einer breiten Öffentlichkeit vor allem als Mäzen der österreichischen literarischen Avantgarde bekannt. Ab Mitte der 50er Jahre bot er auf dem Tonhof in Maria Saal SchriftstellerInnen wie Peter Turrini, Christine Lavant, H.C. Artmann, Wolfgang Bauer, Peter Handke, Gert Jonke u.a. Wohn- und Arbeitsmöglichkeit und einen bedeutenden Treffpunkt der Kulturszene der damaligen Zeit. Insbesondere mit Thomas Bernhard verband ihn eine "Haßliebe" die anläßlich der Veröffentlichung von Bernhards "Holzfällen" eskalierte. Seine eigene schriftstellerische Tätigkeit sowie seine engen Beziehungen zu AutorInnen brachten es mit sich, dass sein umfangreiches kompositorisches Oeuvre neben auf eigenen Texten basierenden Liederzyklen, Messen, Kammermusik und Orchesterstücken zahlreiche szenische Stücke umfasst. Seine Werke wurden bei den Darmstädter Ferienkursen, dem Musikprotokoll im Steirischen Herbst, den Festspielen Hombroich, deren Initiator Lampersberg war, und bei zahlreichen anderen Festivals aufgeführt.
Stilbeschreibung
"Stille - Besinnung - Contemplation. Fehlen von Virtuosität und Äußerlichkeiten."
Gerhard Lampersberg (1994), zitiert nach: Günther, Bernhard (1997) (Hg.): Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: music information center austria, S. 652.
Auszeichnungen
1998 Amt der Kärntner Landesregierung Landeskulturpreis
1999 Gemeinde Maria Saal: Ernennung zum Ehrenbürger (fand im Gemeinderat ebenso wie die Ehrenbürgerschaft Peter Turrinis keine Mehrheit)
Ausbildung
1945 - 1953 mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Wien Komposition, Musiktheorie, Instrumentenkunde Marx Joseph
1945 - 1953 mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Wien Komposition, Musiktheorie, Instrumentenkunde Uhl Alfred
Tätigkeiten
1940 erste kompositorische und schriftstellerische Versuche
1959 - 1966 ORF - Österreichischer Rundfunk Wien Mitarbeiter
1962 - 1964 Veröffentlichung einer Kulturzeitschrift gemeinsam mit Konrad Bayer
1966 - 2002 freischaffender Komponist und Schriftsteller
Aufträge (Auswahl)
1967 Akademie der Künste Berlin Auftrag für den achtteiligen Zyklus "Strip'" nach Texten von H.C. Artmann u.a. für 1. Canzonetta - Vorspiel
1968 Stadt Berlin Missa 68 - für Sprechstimme, Klarinette, Saxophon, Trompete, Kontrabass
1968 ORF - Österreichischer Rundfunk Xintranovadna - für fünf Blockflöten (ein Spieler), Orgel und Streichorchester
1971 Steirischer Herbst Kammermusik "Augenblicke"
1978 RIAS Berlin (Deutschlandradio Kultur) Dornröschen - Musikdramolett
1978 Stadt Berlin Wir haben zuviel Lebensart - für drei Altstimmen, Flöte, drei Posaunen, Pauke, kleine Trommel, Tambourin und Kontrabass
1981 Stadt Münster Es weiß keiner - für Singstimme und Klavier. Zwei Fassungen
1981 Kulturamt der Stadtgemeinde Baden Pfeffer und Salz - für zwölf Spieler und Sprecher (Dirigent)
1982 Stadt Graz Sad-Sorrowful-Sad - Sonate für Violoncello oder Fagott
1984 Berliner Festspiele Kleopatra und das Krokodil - Oper in einem Aufzug
1993 Bundeskanzleramt Österreich Kunst und Kultur Lelia - Kammeroper in neuen Bildern nach George Sand
Aufführungen (Auswahl)
1952 Wien Art Club: ab diesem Zeitpunkt regelmäßige Aufführungen
1967 Akademie der Künste Berlin Berlin Aufführung des achtteiligen Zyklus "Strip"
1969 Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Salzburg Drei Bewegungen für Violine und Klavier
1971 Musikprotokoll im Steirischen Herbst Grazer Congress Kammermusik "Augenblicke"
1978 Berlin Metamusikfestival, Nationalgalerie Berlin Dornröschen - Musikdramolett
1981 Ensemble xx. jahrhundert Belvedere Wien Girlanden
1983 SWR - Südwestrundfunk Stuttgart Pfeffer und Salz - für zwölf Spieler und Sprecher (Dirigent)
1986 RIAS Berlin (Deutschlandradio Kultur) Berlin Etüden des Herzens - für Alt-Saxophon
1995 Oper Bonn Bonn Die Rosen der Einöde - Fünf Sätze für Ballett, Stimmen und Orchester
2006 Hortus Musicus Schloss Damtschach: Hommage an das schrifstellerische und kompositorische Schaffen, Aufführung mehrerer Werke
Insel Hombroich zahlreiche Aufführungen bei dem jährlich veranstalteten Festival, u.a. 1988 Vier Lieder nach Sappho-Fragmenten - für Alt und Klavier. Vier Fassungen
Pressestimmen
1996
über "Rosen der Einöde"
"Von einer Oper im herkömmlichen Sinn kann bei Lampersberg nicht die Rede sein. Seine Werke für die Bühne (nach Texten von Artmann, Scheerbart, Stein) sind kurz, basieren auf einem Szenarium, das auf das Wesentlichste verknappt, ja geradezu skelettiert wird. Das äußere Fehlen von greifbarer Sinnhaftigkeit, die Montage von sinnentleerten Materialien erzeugt ein übergeordnetes Bedeuten. Alles passiert im Inneren des Werkes, alles ereignet sich innerhalb der werkimmanenten Gesetzmäßigkeiten."
ÖMZ - Österreichische Musikzeitschrift (Christian Baier)
7. Dezember 1995
"Ich habe auch Kammermusik geschrieben. Aber das Wort war für mich von vornherein sehr wichtig. Eigene Texte habe ich erst später vertont. Heute vertone ich nur mehr Eigenes, weil es einfach praktischer ist, ich fühl' mich ja als Dichter genau so wichtig wie als Komponist, wenn ich unbescheiden sein darf"
[Anm.: G. Lampersberg in einem Interview]
Der Standard (Hansjörg Waldner)
Literatur
1979 Goertz, Harald (Hg.): LAMPERSBERG, GERHARD. In: Österreichische Komponisten der Gegenwart. Wien: Doblinger, S. 56–57.
1994 Goertz, Harald, Österreichischer Musikrat (Hg.): LAMPERSBERG Gerhard. In: Österreichische Komponisten unserer Zeit (= Beiträge der Österreichischen Gesellschaft für Musik. Band 9). Bärenreiter: Kassel u. a., S. 86.
1997 Günther, Bernhard (Hg.): LAMPERSBERG Gerhard. In: Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: Music Information Center Austria, S. 652–659.
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 24. 10. 2024): Biografie Gerhard Lampersberg. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/58600 (Abrufdatum: 22. 12. 2024).