Der Gitarrist Harry Pepl gehörte zu jenen Musikern, die den österreichischen Jazz national und international geprägt und beeinflußt haben. Als musikalischer Grenzgänger jonglierte er sicher und hochflexibel mit den unterschiedlichen Stilen des Jazz und der zeitgenössischen Musik. Er prägte ein Jazzidiom, das in seiner kompromißlosen Ausrichtung und Phrasierung in Wellen über einen festen Puls als europäisch zu bezeichnen ist. Seine Musik besticht durch Vitalität, Dichte, musikalische Ganzheit sowie radikale Emotionalität.
Sein Bedürfnis, die Grenzen des eigenen Instruments zu überschreiten, führten ihn zur Beschäftigung mit technischen Innovationen, basierend auf der Midi-Gitarre.
Aus dieser Beschäftigung entstanden seine Arbeiten auf Grundlage der Technik des "instant composing". Pepl spielte die einzelnen Stimmen per Gitarre dem Computer zu und konnte vor dem endgültigen Notenausdruck zwar die Verteilung der Stimmen noch korrigieren, nicht aber die Komposition selbst. Der zeitliche Ablauf der Komposition ist auf ein Minimum reduziert, Form und Zusammenklang ergeben sich im Augenblick. Auf das Klavier übertragen erklingt das Zusammenspiel der einzelnen Stimmen. Harry Pepl gilt als ein wesentlicher Exponent des "real-time-composing". Dazu der Musiker selbst: " [...] Wesentlich für das Gelingen der Synthese aus Zeitlichem und Überzeitlichem ist nur der erfüllte Augenblick [...]".
Stilbeschreibung
"Genregrenzen und die Reinheit des Stils kümmern mich herzlich wenig. Dennoch ist der Kern meiner Ästhetik nicht postmodern. Kunst ist für mich kein Spiel, sondern sie ist der letzte Ort der Transzendenz: Sie kann das Nichtdarstellbare darstellen. In dem Augenblick, in dem ich inspiriert musiziere oder komponiere - was für mich dasselbe ist -, glaube ich an das Absolute: an die Wahrheit, in der alle Gegensätze zusammenfallen.
In meiner kompositorischen Methode, dem real-time oder instant composing, erscheint die Forderung nach der absoluten Souveränität des Künstlers erfüllt und radikalisiert. Das Prinzip des real-time composings besteht darin, daß der Komponist, ohne von reflexiven Methoden geleitet zu sein, (instrumental) aufzeichnet, was sich im Moment des schöpferischen Vorgangs in seinem musikalischen Bewußtsein befindet - sich "abspielt". Mein Anliegen ist, eine Synthese zu leisten zwischen dem Besonderen, der subjektiven Freiheit - der Zeitlichkeit - und dem Allgemeinen, der objektiven Gesetzmäßigkeit des gelungenen Kunstwerkes - der Überzeitlichkeit. Wesentlich für das Gelingen der Synthese aus Zeitlichem und Überzeitlichem ist nur der erfüllte Augenblick: Ein Augenblick wird ihm umso erfüllter - und damit umso unwiederbringbarer -, je mehr er etwas schafft, das in Dauer bestehen kann."
Harry Pepl (1996), zitiert nach: Günther, Bernhard (1997) (Hg.): Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: music information center austria, S. 824–825.
Auszeichnungen
1983 Preis der deutschen Schallplattenkritik e.V.
1988 Preis der deutschen Schallplattenkritik e.V.
1991 Amt der Niederösterreichischen Landesregierung: Kulturpreis für Musik
1998 Amt der Niederösterreichischen Landesregierung: Würdigungspreis für Musik
zahlreiche französische Schallplattenpreise
Ausbildung
mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien: klassische Gitarre Scheit Karl
weiterer Unterricht bei Jim Hall und Wes Montgomery Gitarre
autodidaktische Musikstudien
Tätigkeiten
1975 - 1985 Wien Pirchner-Pepl-JazzZwio: Mitglied
1977 - 1995 Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Graz Lehrbeauftragter für Gitarre/Jazz
1984 Professorentitel
1984 - 1986 mit Mike Richmond Auftritte auf zahlreichen Festivals
1984 - 1995 Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Graz ordentliche Professur für Gitarre/Jazz
Schüler:innen (Auswahl)
Peter Havlicek, Martin Siewert
Harry Pepl Quartett Wien Mitglied
Enrico Rava/Dino Saluzzi Quintett: Mitglied
Zusammenarbeit als Gitarrist mit zahlreichen Jazz-Formationen und -Solisten
Zusammenarbeit u.a. mit internationalen Musikern wie Benny Goodman Quint., Dave Holland, Dino Saluzzi, Daniel Humair, Jon Christensen, Michel Portal, Werner Pirchner, Wolfgang Puschnig, Jack DeJohnette, Dave Liebman, Mino Cinelu etc.
Aufträge (Auswahl)
Ensemble Wien
Ensemble Kontrapunkte
Thomas Larcher
Thomas Demenga
Kronos Quartet
STUDIO PERCUSSION graz
Austrian Art Ensemble
Artis-Quartett
Altenberg Trio
Aufführungen (Auswahl)
Berliner Philharmoniker Berlin
Musikverein Wien - Gesellschaft der Musikfreunde in Wien Wien
Orpheum Graz Graz
Steirischer Herbst
Wiener Konzerthaus Wien
Centre Pompidou Paris
New York Knitting Factory New York
Théatre de Ville
Gastspiele bei den Festivals in Donaueschingen, Edinburgh, Warschau, Moers, Köln, Frankfurt am Main, Berlin, Paris, Montreux, Genf, Pori, Raab, Saalfelden, Ankara
Pressestimmen
Der zu den eigenständigsten Gitarristen auf dem Kontinent zählende Harry Pepl [...] hat ein Album eingespielt, daß Dank seiner so raffiniert vorgedachten, mit eindringlichen Soli durchpflügten Titeln zum aufregendsten zählt, das in den letzten Jahren hierzulande produziert worden ist.
Salzburger Nachrichten
Musik von ungeheuerem Spannungsstrich und Facettenreichtum.
Kleine Zeitung
Einer der führenden Jazzgitarristen Europas.
Der Standard
Diskographie:
als Bandleader:
- 1994: Harry Pepl Quartett - N.Y.C. Impressure (Extraplatte)
- 1990: Harry Pepl - Austrian Jazzart, Schönberg Improvations (Universal Music, Solo-Album)
- 1988: Harry Pepl - Austrian Jazzart, Airmail-light blues (Universal Music, Solo-Album)
als Sideman:
- 2009: Pirchner-Pepl-JazzZwio - Live in Concert Montreux 1981, Innsbruck 1984 (Universal Music)
- 1999: Musik aus Österreich Vol. 3 - Jazz & Volksmusik, Track 11 (mica, unveröffentlicht)
- 1994: Abstract Truth - Beginnings (AMADEO)
- 1988: mit Herbert Joos und Jon Christensen - Cracked Mirrors (ECM)
- 1983: Werner Pirchner/Harry Pepl/Jack DeJohnette (ECM)
- 1982: Adelhard Roidinger/Heinz Sauer/Werner Pirchner/Harry Pepl und Michael Di Pasqua - Schattseite (ECM)
- 1981: Pirchner-Pepl-JazzZwio - Live, Montreux '81 (Wea Music)
1980: Pirchner-Pepl-JazzZwio - Gegenwind (Mood Records)
1980: Benny Goodman - Berlin 1980 (TCB)
Literatur
1994 Goertz, Harald, Österreichischer Musikrat (Hg.): PEPL Harry. In: Österreichische Komponisten unserer Zeit (= Beiträge der Österreichischen Gesellschaft für Musik. Band 9). Bärenreiter: Kassel u. a., S. 110.
1997 Günther, Bernhard (Hg.): PEPL Harry. In: Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: Music Information Center Austria, S. 824–826.
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 30. 10. 2024): Biografie Harry Pepl. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/70644 (Abrufdatum: 21. 11. 2024).