Thomas Larcher © Richard Haughton
"Thomas Larcher gilt als einer der einfallsreichsten und interessantesten Stimmen unter den zeitgenössischen Komponisten. Larcher, Jahrgang 1963, wuchs in Tirol auf und studierte in Wien Komposition und Klavier. Heute wird er international als Komponist, Pianist und Intendant gefeiert. Seine Musik ist innovativ und fesselnd zugleich und bewegt sich gekonnt im Spannungsfeld von experimentellen Spieltechniken und bewussten Rückgriffen auf Traditionen.
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Larchers frühe Werke setzen sich intensiv mit dem eigenen Instrument und dessen Klang auseinander. Mit Kompositionen wie Naunz für Klavier (1989), Kraken für Violine, Violoncello und Klavier (1994/95), Mumien für Violoncello und Klavier (2001) setzte er neue Maßstäbe in der Klavierliteratur. Mit den drei Streichquartetten Cold Farmer (1990), IXXU (1998–2004) und Madhares (2006/07) setzte Larcher seinen musikalischen Weg als Grenzgänger der Stile, der bewusst auch neben den orthodoxen Pfaden der sogenannten Avantgarde wandelt, fort. Larchers Streichquartette zeichnen sich durch eine höchst originelle Klanglichkeit aus, die oftmals aus erweiterten Spieltechniken resultieren.
Den Reichtum orchestraler Klangfarben begann Larcher mit den Solokonzerten Still für Viola und Kammerorchester (2002), Böse Zellen für Klavier und Orchester (2006) und dem Konzert für Violine und Orchester (2008) zu erforschen. Sein erstes großes Orchesterwerk Red and Green, dessen zwei Sätze mit komplementären Klangfarben spielen, wurde 2011 vom San Francisco Symphony Orchestra unter der Leitung von Osmo Vänskä uraufgeführt. Im San Francisco Examiner beschreibt Stephen Smoliar Red and Green als „a highly unique listening experience with a perfectly valid aesthetic of beauty … my only regret was having but one opportunity to experience this stunning music.“
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2014 wurde A Padmore Cycle, ursprünglich als Liederzyklus für Tenor und Klavier konzipiert, in einer zweiten Fassung für Tenor und Orchester neu komponiert und vom BBC Symphony Orchestra unter Edward Gardner im November 2014 uraufgeführt. Über die Orchesterversion schreibt Tim Ashley im Guardian: „Larcher’s writing fits Padmore’s voice like a glove, erasing its register breaks, showcasing its purity of sound and flexibility.“
Alle Tage – Symphonie für Bariton und Orchester (2010–15) wurde 2015 von Matthias Goerne und Jaap van Zweden und dem Radio Filharmonisch Orkest im Concertgebouw Amsterdam und Christoph Eschenbach und dem Gewandhausorchester in Leipzig uraufgeführt.
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In den letzten Jahren hat Larcher auch zu dirigieren begonnen. So hat er u. a. mit dem Münchener Kammerorchester, dem Mozarteumorchester, der Niederländischen Radio Kamerfilharmonie und mit Solisten wie Isabelle Faust oder Igor Levit zusammengearbeitet.
1994 gründete Larcher in Schwaz in Tirol das Festival KLANGSPUREN, das heute zu den renommiertesten europäischen Festivals für Neue Musik zählt und dessen künstlerischer Leiter er bis 2003 blieb. 2004 gründete er das Kammermusikfestival MUSIK IM RIESEN, das jährlich im Mai in den Swarovski Kristallwelten in Wattens stattfindet, das er auch heute noch programmiert."
Münchner Philharmoniker: Thomas Larcher, abgerufen am 17.1.2023 [https://www.mphil.de/orchester/musikerinnen-und-musiker/details/thomas-…]
Stilbeschreibung
"Thomas Larchers Musik ist von rhythmischer Komplexität, Klangreichtum und großer Präzision geprägt, "als Komponist bewegt er sich zuweilen neben den engen Spuren der Neuen Musik, durchschreitet stilistisch große Weiten und gibt sich inspiriert vom Leben selbst" (Thomas Meyer). In seinen Stücken, die oft von außermusikalischen Quellen wie literarischen und journalistischen Texten, Bildern oder tagesaktuellen Ereignissen inspiriert sind, geht er das Wagnis ein, vorurteilslos Klangräume oder Möglichkeiten der Geschwindigkeit zu erforschen. "Schubertsche Sehnsuchtsklänge in wohliger Tonalität stehen neben den Spieluhrklängen des präparierten Klaviers (…). Rhythmische Impulse à la Bartók tauchen auf neben albtraumhaften Anforderungen an extreme Lagen und Ausdrucksbereiche (...). So schafft Larcher seine eigene 'Musica impura', die wenig mit Avantgarde und viel mit gespeicherten Erfahrungen zu tun hat."
Michael Struck-Schloen
Auszeichnungen
1986 Stadt Innsbruck: Preis für künstlerisches Schaffen
1992 Stadt Innsbruck: Preis für künstlerisches Schaffen
1993 Bundeskanzleramt Österreich Kunst und Kultur: Staatsstipendium Komposition
1995 Bundeskanzleramt Österreich Kunst und Kultur: Förderpreis
2006 Preis der deutschen Schallplattenkritik e.V.: Preisträger
2008 Soziale & Kulturelle Einrichtungen der austro mechana - SKE Fonds: Publicity Preis
2012 British Composer Award
2015 Bundeskanzleramt, Sektion für Kunst und Kultur: Österreichischen Kunstpreis für Musik
2017 Bundeskanzleramt, Sektion für Kunst und Kultur: Kompositionsförderung
2018 Bundeskanzleramt, Sektion für Kunst und Kultur: Kompositionsförderung
2019 Republik Österreich: Großer Österreichischer Staatspreis
Ausbildung
mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien: Klavier (Elisabeth Leonskaja, Heinz Medjimorec), Komposition (Erich Urbanner)
Tätigkeiten
1994 - 2003 Klangspuren - Verein zur Förderung von Neuer Musik Schwaz Schwaz in Tirol Gründer und Leiter
2001 - 2004 Musik-Akademie der Stadt Basel / Hochschule für Musik, Basel Leitung einer Klavierklasse
2002 Spannungen - Musik im Kraftwerk, Heimbach: Composer in residence
2005 Davos Festival Davos Composer in residence
2006 Musiktage Mondsee Mondsee Composer in Residence
2008 London Sinfonietta London Porträtkonzert
2011 - 2012 Wiener Konzerthaus resident artist
2011 - 2012 Mozarteumorchester Salzburg resident artist
Risør Kammermusikkfest, Risør: Composer in residence
Wattens Swarowski Kristallwelten: Leitung des Festivals "Musik im Riesen"
Aufträge (Auswahl)
2006 Kammerfestival Ruhr Böse Zellen - für Klavier und Orchester
2001 Mumien
2001 Spannungen - Musik im Kraftwerk My illness is the medicine I need
2002 Salzburger Mozartwoche Still - für Viola und Kammerorchester
2005 Luzerner Sinfonieorchester Hier, heute - für Violoncello, Orchester und Zuspiel-CD.
2005 Lucerne Festival Smart Dust - für Klavier
2005 Davos Festival IXXU - 2. Streichquartett
2005 Düsseldorfer Symphoniker Heute - für Sopran und Orchester
2006 Stadt Innsbruck Böse Zellen - für Klavier und Orchester
2006 Musiktage Mondsee Fasern - für Klarinette, Violoncello und Klavier
2006 Salzburger Mozartwoche Madhares
2008 Zaterdagsmatineen Amsterdam Nocturne - Insomnia - für Ensemble
2008 Southbank Centre Die Nacht der Verlorenen - für Bariton und Ensemble
2009 ORF Radio Symphonieorchester Wien Konzert für Violine und Orchester
2009 Philharmonie Köln
2011 BBC - British Broadcasting Corporation
Aufführungen (Auswahl)
1996 Wien Modern Wiener Konzerthaus Noodivihik
2002 Spannungen Heimbach My illness is the medicine I need
2003 Salzburger Mozartwoche Still - für Viola und Kammerorchester
2005 Luzerner Sinfonieorchester Hier, heute - für Violoncello, Orchester und Zuspiel-CD.
2005 open music Graz Kulturzentrum bei den Minoriten Porträtkonzert
2006 Düsseldorfer Symphoniker Heute - für Sopran und Orchester
2006 Klavier Festival Ruhr Böse Zellen - für Klavier und Orchester
2006 Musiktage Mondsee Mondsee Composer in residence, Aufführung mehrerer Werke - unter anderem Mumien
2007 Tiroler Symphonieorchester Innsbruck Böse Zellen - für Klavier und Orchester
2008 Salzburger Mozartwoche Madhares
2008 Amsterdam Concertgebouw Amsterdam Nocturne - Insomnia - für Ensemble
2008 Artemis Quartett Aufführungen in mehreren US-amerikanischen Städten (Cincinnati, Indianaposlis u.a.) im Rahmen einer Tournee Madhares
2008 London Sinfonietta Porträtkonzert
2009 ORF Radio Symphonieorchester Wien Konzert für Violine und Orchester
2009 Philharmonie Köln Böhmen liegt am Meer - für Bariton, Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier
Pressestimmen
20. Oktober 2008
"Es ist nicht ungewöhnlich für einen österreichischen Komponisten, aus der Gestik und Tonalität der Vergangenheit zu schöpfen, aber Larcher verwendet dieses Erbe ganz ohne Ironie, indem er die Vergangenheit – verjüngt und neu erfunden – in die Zukunft befördert, in ein Wunderland schwindelerregender und außergewöhnlicher Klänge."
The Times (Geoff Brown)
19. Jänner 2007
"Der Österreicher Thomas Larcher hat sich mittlerweile zu einer weit beachteten Doppelbegabung aus Komponist und Pianist entwickelt. Was im Gegensatz zu den längst vergangenen Zeiten und Jahrhunderten, als sich das Tonsetzen und die instrumentale Praxis einander bedingten, eine Seltenheit geworden ist. Larchers Strukturdenken scheint dabei gerade von den körperlichen Ausmaßen des Klaviers nicht zu trennen zu sein. So enorm dreidimensional ist seine Musik, erlebt man besonders in seinen Kammermusikkompositionen sich ständig verändernde Physiologien."
Rondo - http://www.rondomagazin.de/klassik/l/larcher/tl01.htm (Guido Fischer)
2006
"Larcher beweist [...] einen ausgeprägten Personalstil, der sich durch dichte Satztechnik auszeichnet. Sie erzwingt Spannungskurven, die zwischen obsessiv, laut und schnell wiederholten Einzeltönen und Akkorden sowie lange ausgehaltenen und leisen Klangflächen genau austariert sind. Die Momente von Stille, in die auch tonale, meist mollgefärbte Passagen eingeblendet werden, gewinnen in dieser Dramaturgie eine soghafte, dem Hörer sich direkt mitteilende Kraft."
Frankfurter Allgemeine Zeitung (Ulrich Schreiber)
"Thomas Larcher has a way of convincing you, like Morton Feldman, that every note is in its right place and should be nowhere else. A delicate touch and taut use of dramatic contrast flicker across his compositions, sending out shards of notes and icy silences."
Gramophone (Andi Spicer)
Diskographie
2014: What becomes (Harmonia Mundi)
2011: Madhares (ECM)
2006: IXXU (ECM)
2001: Naunz (ECM)
als Interpret
2013: Ernste Gesänge, Lieder mit Klavier (EAN)
2006: Chonguri (ECM)
2002: Toshio Hosokawa, J.S. Bach, Isang Yun (ECM)
2000: Elogio per un'ombra (ECM)
1999: Arnold Schönberg, Franz Schubert: Klavierstücke (ECM)
1997: Lieder ohne Worte (ECM)
Literatur
1994 Goertz, Harald, Österreichischer Musikrat (Hg.): LARCHER Thomas. In: Österreichische Komponisten unserer Zeit (= Beiträge der Österreichischen Gesellschaft für Musik. Band 9). Bärenreiter: Kassel u. a., S.87–88.
1997 Günther, Bernhard (Hg.): LARCHER Thomas. In: Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: Music Information Center Austria, S. 664.
mica-Artikel: Thomas Larcher - Kinder und Künstler
Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 24. 10. 2024): Biografie Thomas Larcher. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/58716 (Abrufdatum: 21. 11. 2024).