Direkt zum Inhalt

Haubenstock-Ramati Roman

Vorname
Roman
Nachname
Haubenstock-Ramati
erfasst als
Komponist:in
Ausbildner:in
Genre
Neue Musik
Geburtsjahr
1919
Geburtsort
Krakau
Geburtsland
Polen
Todesjahr
1994
Sterbeort
Wien

Stilbeschreibung
Ich habe seit 1958 versucht, aus der Antinomie "gleich - anders", oder, wie es in der Musik heißt, aus "Wiederholungen und Variationen", die zwar nicht additiv, also nacheinander, aber gleichzeitig nebeneinander verwendet werden können, eine neue Form zu entwickeln. Diese Konzeption basiert auf einem ordnenden Prinzip, das als "die ständige Variation durch die ständige Wiederholung" beschrieben werden kann.
Roman Haubenstock-Ramati (1965). In: Form in der neuen Musik, Mainz, 1966, S. 38, zitiert nach: Günther, Bernhard (1997) (Hg.): Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: music information center austria, S. 500.

Das grundsätzlich Neue unserer Epoche, die Spontaneität der Kunst, tendiert zum Resultat: das Kunstwerk direkt mit der Idee zu verbinden. Geschieht es teilweise in einem sonst ausgearbeiteten musikalischen Werk, so haben wir es mit einer mehr oder weniger begrenzten Aleatorik zu tun. Wird sie integral angewandt oder gefordert, so führt das, vom kompositorischen Standpunkt gesehen, zu graphischen Notationen, die auf der Basis der Mehr- und Vieldeutigkeit der Aufzeichnung diese Spontaneität lenken oder - was mir als das Wesentlichste erscheint - diese Spontaneität provozieren, wie es im Falle der "musikalischen Graphik" geschieht.
Roman Haubenstock-Ramati (1962), In: Zwischen Traum und Computer, 1971), zitiert nach: Günther, Bernhard (1997) (Hg.): Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: music information center austria, S. 500.

"Imaginäre Musik, die in imaginärer Zeit geschieht; die Zeit, die durch sich selbst gleichzeitig entsteht. Ein imaginärer Klang, anstelle eines vollen Orchesterklanges in meinen Werken der letzten Jahre: ein Klang, der zuerst durch eine Orchesterverdünnung zu 14 charakteristischen Gruppen mit 48 Spielern entstand, um weiter zur kammermusikalischen Besetzung von 20 und nun 16 Spielern reduziert zu werden. Es bleibt das Essentielle des Orchesterklanges ohne Tutti, ohne Fortissimo, ohne Dramatik des crescendo und ohne das wehmütige ritardando; eine eben neue, zarte, hauchdünne, von dem Raster der Uhr befreite Musik, deren Klangstruktur in immer neuen, unwiederholbaren, vertikalen Konstellationen sich selbst suchend findet."
Roman Haubenstock-Ramati (1990) zu "Invocations", zitiert nach: Günther, Bernhard (1997) (Hg.): Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: music information center austria, S. 500.

Auszeichnungen
1957 Halbjahresstipendium für Studienaufenthalt in Paris
1962 Parlament der Republik Österreich Großes Verdienstkreuz
1970 DAAD - Deutscher Akademischer Austausch Dienst Stipendiat in Berlin
1977 Musikprotokoll im Steirischen Herbst Preis
1977 Stadt Wien Preis der Stadt Wien
1981 Republik Österreich Großer Österreichischer Staatspreis
1983 Stadt Wien Ehrenmedaille in Gold
ÖKB – Österreichischer Komponistenbund: Ehrenmitglied

Ausbildung
19341938 Musikakademie Krakau (Polen): Violine, Musiktheorie (Arthur Malawski)
1937 Universität Krakau (Polen): Musikwissenschaft, Philosophie
1939 Musikhochschule Lemberg (Ukraine): Komposition, v.a. Analyse von Werken Anton Weberns, Diplom (Józef Koffler)
1957 Paris Begegnung mit dem Action Painting Jackson Pollocks (beeinflusste die Entwicklung der Musikgraphik) und den "Mobiles" Alexander Calders
1957 Paris (Frankreich): Beschäftigung mit Musique Concrète
1957 Paris (Frankreich): Komposition (Pierre Schaeffer) 

Tätigkeiten
1934 erste Kompositionen während des Studiums bei Arthur Malawski (unter dem Einfluss von Karol Szymanowski, Igor Strawinsky, Claude Debussy, Maurice Ravel)
1942 Geiger in einer Militärkapelle der in der UdSSR aufgestellten polnischen Exilarmee
1948 Krakau Radio Krakau: Leiter der Musikabteilung, Redakteur, Kritiker bei Ruch Muzyczny
1948 zwölftönige, athematische Kompositionen ("Ricercari")
1950 Tel Aviv - Israel Samuel Rubin Musikakademie Tel Aviv: Lehrtätigkeit
19501952 Tel Aviv - Israel Staatliche Musikbibliothek: Unterstützung beim Aufbau
1952 Tel Aviv - Israel Staatliche Musikbibliothek: erster Direktor nach deren Eröffnung
1952 kompositorische Beschäftigung mit der "dynamisch-geschlossenen Form" (seit "Bénédictions")
1957 Universal Edition, Wien: Lektor
1958 Notation der dynamisch-geschlossenen Form als "Mobile" ("Mobile for Shakespeare"), parallel dazu Entwicklung der Musikgraphik als "offene Interpretationsform" (etwa "Décisions"), ebenso rein graphische Arbeiten (nicht zur Aufführung bestimmt)
1959 Donaueschinger Musiktage Donaueschingen Organisation der ersten Ausstellung musikalischer Graphiken; kompositorische Auseinandersetzung u.a. mit Samuel Beckett und Franz Kafka
19641965 Yale School of Music, Connecticut (USA): Vorträge, Kurse
19641995 Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt (Deutschland): Unterricht (Komposition, Notation)
1967 Bilthoven/Niederlande
1968 Buenos Aires
1969 Stockholm
19691972 Tel Aviv - Israel
1972 Anregung durch die Lektüre von James Joyce ("Poetics")
1972 San Francisco
19731989 mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien: Professur (Komposition)
19761986 mdw - Universität für Musik und darstellende Kunst Wien: Leiter des Instituts für Elektroakustik und Experimentelle Musik
1990 Klangforum Wien: Mentor, Präsident
1991 Studio Bruno Liberda: verstärkt elektroakustische Kompositionen

Schüler:innen (Auswahl)
Kyoko Abe, Christian Diendorfer, Beat Furrer, Mayako Kubo, Bruno Liberda, Djahan Tuserkani, Olga Widawska-Kotulecki, Mia Zabelka

Aufträge (Auswahl)
SWR - Südwestrundfunk, Radio Bremen, Donaueschinger Musiktage, Deutsche Oper Berlin, Universal Edition, Musikprotokoll im Steirischen Herbst, Wiener Konzerthausgesellschaft

Aufführungen (Auswahl)
1954 Donaueschinger Musiktage UA auf Vermittlung Heinrich Strobels Bénédictions/Blessings
1956 Donaueschinger Musiktage und des weiteren 1959, 1961, 1964, 1970
1957 Weltmusiktage und des weiteren 1961, 1963, 1969
1966 Berlin Berliner Festwochen: skandalumwitterte UA unter Bruno Maderna Amerika
1970 Musikprotokoll im Steirischen Herbst und des weiteren 1971, 1973, 1977, 1978, 1981, 1985
1991 Wien Modern Wien
1992 Opernhaus Graz Graz Neufassung unter Beat Furrer Amerika
1993 Wien Modern Wien
2004 Arditti Quartett Pluriel - Mobile

Literatur (Auswahl)
1979 Goertz, Harald (Hg.): HAUBENSTOCK-RAMATI, ROMAN. In: Österreichische Komponisten der Gegenwart. Wien: Doblinger, S. 41–42.
1994 Goertz, Harald, Österreichischer Musikrat (Hg.): HAUBENSTOCK-RAMATI Roman. In: Österreichische Komponisten unserer Zeit (= Beiträge der Österreichischen Gesellschaft für Musik. Band 9). Bärenreiter: Kassel u. a., S. 61–62.
1997 Günther, Bernhard (Hg.): HAUBENSTOCK-RAMATI Roman. In: Lexikon zeitgenössischer Musik aus Österreich: Komponisten und Komponistinnen des 20. Jahrhunderts. Wien: Music Information Center Austria, S. 499–506.
 

Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 4. 9. 2024): Biografie Roman Haubenstock-Ramati. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/55548 (Abrufdatum: 21. 11. 2024).

Austrian Composers Association Logo