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Wozny Joanna

Vorname
Joanna
Nachname
Wozny
erfasst als
Komponist:in
Interpret:in
Ausbildner:in
Genre
Neue Musik
Klassik
Geburtsjahr
1973
Geburtsort
Zabrze
Geburtsland
Polen
Joanna Wozny

Joanna Wozny © Marek Suchecki

"Joanna Wozny wurde 1973 in Zabrze (Polen) geboren. Von 1992 bis 1999 absolvierte sie in Katowice ein Magisterstudium der Philosophie. Parallel dazu begann sie 1996 ein Kompositions-und Musiktheoriestudium an der Kunstuniversität Graz (Österreich) bei Gerd Kühr und Beat Furrer, das sie 2003 mit Auszeichnung abschloss. 2002/2003 nahm Joanna Wozny zusätzlich Kompositionsunterricht bei Younghi Pagh-Paan.

Als Komponistin erhielt Joanna Wozny zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter das Stipendium der Stefan-Batory-Stiftung (Warschau) 1997, den Musikförderungspreis der Stadt Graz 2001, das Österreichische Staatsstipendium für Komponisten 2005 und 2008, den Erste Bank Kompositionsauftrag 2010 und den SKE publicity award 2010. 2010/2011 war sie "young composer in residence" des Ensemble PHACE und 2011 "Composer in residence" der Kunststation St. Peter, Köln.

Joanna Woznys Schaffen umfasst das gesamte Spektrum der Instrumentalmusik von Solo-undKammermusikwerken bis zu Ensemble-und Orchesterkompositionen. Daneben entstanden auch elektronische Kompositionen sowie Werke für Chor und Gesang. Ihre Werke wurden u.a.durch das DSO Berlin, RSO Wien, Münchner Rundfunkorchester, Klangforum Wien, ensemble recherche, ensemble mosaik, Ensemble ascolta und das Plural Ensemble aufgeführt und erklangen auf zahlreichen renommierten Festivals wie Wien Modern, Ultraschall-Festival Berlin, Warschauer Herbst, Festival Eclat Stuttgart, Klangspuren Schwaz, Forum Neuer Musik Köln, Musikprotokoll Graz und ISCM World New Music Days 2013."
Edition Juliane Klein: Joanna Wozny Kurzbio, abgerufen am 27.08.2020 [https://www.editionjulianeklein.de/files/composers/downloads/Wozny%20Ku…]

Stilbeschreibung

"Für Joanna Wozny ist Komponieren eine sehr persönliche Sache. Uraufführungen empfindet sie als etwas "sehr Intimes", sogar etwas fast "Exhibitionistisches". Die teils unangenehme Spannung, die sie dabei oftmals verspürt, rührt nicht zuletzt daher, dass sie bereits in der Zeit zwischen Fertigstellung und Uraufführung eine distanzierte Haltung zu ihrer Arbeit einnimmt, da sie "vielleicht nicht mehr hundertprozentig mit dem alten Ich konform" ist. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung und die scheinbare Suche nach Etwas ist in ihrem kompositorischen Schaffen hörbar. Das Gefühl einer stetigen energetischen Eigendynamik lässt einen auch beim Hören ihrer Stücke nicht mehr los. Es entsteht der Eindruck, eine Art "unbewegter Beweger" setzte die Töne an ihre einzig richtige Stelle.

Am Anfang des kompositorischen Prozesses stehen für Joanna Wozny meist die Instrumente, aus deren Möglichkeiten sie dann spezifische Klänge und Klangfarben entwickelt. Durch das Streben, an die Grenzen der Klanglichkeit zu gehen, ergeben sich sowohl sehr komplex strukturierte als auch klanglich hochdifferenzierte Stücke, die auch technisch an die Grenzen der Spielbarkeit gehen. So zeichnen sich ihre Stücke einerseits durch instrumentenunspezifische Klänge und andererseits durch "Klänge, die sich sozusagen in Zwischenbereichen abspielen" aus. Extrem hohe und leise Töne in mehreren Abstufungen von sul ponticello bei Streichern oder eine ähnlich differenzierte Aufteilung von verschiedenen Überblasstufen sowie sehr kurze Multiphonikklänge bei Bläsern prägen beispielsweise ihr Trio "Spur der Welle" (2003). Dort arbeitet sie mit Beschleunigung, Verlangsamung und Periodizität. Auffällig ist die Flüchtigkeit der Töne, die scheinbare Unwichtigkeit der einzelnen Stimmen, die durch oftmals nur angespielte, kurz akzentuierte Töne oder schlicht durch pianissimo evoziert wird. In einem organischen Zusammenspiel von sich wiederholenden Figuren und einer wellenartigen Dynamik wird der Hörer auf komplexe, aber dezente und unaufdringliche Weise mitgenommen. Die Direktheit ist Joanna Woznys Stärke; auch hier hat man den Eindruck, jede Note, sei sie noch so differenziert und leise, muss genau dort sein, wo man sie hört.

Auf Regelsysteme und außermusikalische Sujets greift sie - wenn überhaupt - erst zurück, nachdem sie den Klängen die Freiheit gegeben hat, die sie brauchen, um sich zu entfalten. Dann werden diese "fertigen" Klänge teilweise mehrmals umgearbeitet oder es wird sozusagen in sie "hineingezoomt". Diesen Prozess kann man in ihren Kompositionen nachempfinden: Ein paradoxes Gefühl von reflektierter Spontaneität lässt einen nicht mehr los, ist vielleicht die treibende Kraft ihrer Kompositionen.

Mit ihrer speziellen Art, sich der Klänge anzunehmen, die ihr Inneres hervorbringt, nämlich dem Prinzip der Wiederholung und Weiterentwicklung, gelingt es Joanna Wozny einen philosophischen Horizont aufzureißen. Durch die Abwendung von allem nicht Musikimmanenten erfährt der Hörer eine intensive Innerlichkeit, die durch ihre Authentizität und Direktheit fasziniert. Die kleinen Pinselstriche können, aber müssen nicht gehört werden, doch wird man angeregt, eine Sache, sei es die Musik, sei es ein Gedanke, von mehreren Standpunkten aus zu betrachten. Denn erst in der Auseinandersetzung mit mehreren Perspektiven, wie es ihre Musik tut, beginnt das (musikalische) Leben in all seinen Facetten zu leuchten."
Iris Menke (2011): Edition Juliane Klein - Portraittext Joanna Wozny , abgerufen am 27.08.2020 [https://www.editionjulianeklein.de/composers.php?composer_id=100011&sec…]

"Es ist vor allem die Arbeit mit Klängen, vorwiegend instrumental erzeugter, und die Erweiterung des Spektrums dieser, welche das Schaffen der Künstlerin bestimmen. Dabei folgt Wozny aber bewusst keinen abstrakten, sich frei ergebenden Strukturmustern. Vielmehr geht sie mit ganz konkreten Vorstellungen ans Werk. Die Komponistin bearbeitet die erzeugten Klänge eher intuitiv, experimentiert mit diesen und erforscht zunächst die Möglichkeiten der  Klanglichkeit. Die musikalische Form entsteht erst nach und nach. Bei diesem, von ihr so bezeichneten “Spiel mit einem vorweg definierten Reservoir von Klängen” entstehen sehr fein gearbeitete, intensive, und hoch konzentrierte Stücke."
mica (2009): Joanna Wozny erhält den Erste Bank Kompositionspreis 2010. In: mica-Musikmagazin.

Auszeichnungen

1997 Stefan-Batory-Stiftung, Warschau (Polen): Stipendium
2001 Stadt Graz: Musikförderungspreis
2001 Kunststation St. Peter, Köln (Deutschland): Composer in Residence
2003–2004: Stift St. Lambrecht – Künstlerbegegnung: Composer in Residence
2004 Universität für Musik und darstellende Kunst Graz: Würdigungspreis
2005 Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur: Staatsstipendium für Komposition
2008 Amt der Steirischen Landesregierung: Andrzej-Dobrowolski-Kompositionsstipendium
2008 Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur: Staatsstipendium für Komposition
2010 Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG: Erste Bank Kompositionspreis (as in a mirror, darkly)
2010 Soziale & Kulturelle Einrichtungen der austro mechana – SKE Fonds: Publicity-Preis
2010–2011 PHACE: Young Composer in Residence
2011 Amt der Steirischen Landesregierung: Auslandsstipendium
2011 Kunststation St. Peter, Köln (Deutschland): Composer in Residence
2016 Bundeskanzleramt, Sektion für Kunst und Kultur: Kompositionsförderung
2017 Amt der Steirischen Landesregierung: Andrzej-Dobrowolski-Kompositionspreis
2017 Bundeskanzleramt, Sektion für Kunst und Kultur: Kompositionsförderung
2018 Bundeskanzleramt, Sektion für Kunst und Kultur: Kompositionsförderung

Ausbildung

1992–1999 Katowice Uniwersytetlaski (Polen): Philosophie - Mag.phil. mit Auszeichnung
1996–2003 Universität für Musik und darstellende Kunst Graz: Komposition und Musiktheorie (Beat Furrer, Gerd Kühr) - Diplom mit Auszeichnung
2002–2003 zusätzlicher Kompositionsunterricht (Younghi Pagh-Paan)

Tätigkeiten

2003–heute Graz: freiberufliche Tätigkeit als Komponistin
2014–heute Universität für Musik und darstellende Kunst Graz: Lehrtätigkeit (Komposition und Musiktheorie, Gehörschulung)
2015–2016 Bundeskanzleramt, Sektion für Kunst und Kultur - Abteilung 2 Musik und darstellende Kunst: Jurymitglied der Staatsstipendien für Komposition (gemeinsam mit Matthias Osterwold, Šimon Voseček)
02/2022 Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport - Abteilung IV/A/2 Musik und darstellende Kunst: Jurymitglied der Staatsstipendien für Komposition

Aufträge (Auswahl)

2003 Ensemble Wiener Collage: Die verlorenen Pfade I
2004 Klangforum Wien: silben- meer- farben
2005 Wiener Mozartjahr Organisationsges.m.b.H.: Musik für Flöte, Bassklarinette und Klavier
2005 Klangspuren – Verein zur Förderung von Neuer Musik Schwaz, ORF – Österreichischer Rundfunk: Loses
2006 Deutschlandfunk: Return
2008 BR – Bayerischer Rundfunk: Archipel
2009 anlässlich des 40-jährigen Bestehens des ORF-RSO Wien - ORF – Österreichischer Rundfunk: break off
2009 Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG: as in a mirror, darkly
2010 Wiener Konzerthausgesellschaft: mobile elements
2010 ORF – Österreichischer Rundfunk Ö1, ORF Radio Symphonieorchester Wien: disintegrated
2012 e_may Festival für neue und elektronische Musik: diffraction courses
2012 ORF – Österreichischer Rundfunk Ö1, Jeunesse – Musikalische Jugend Österreich: stairs
2018 anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Verlags - Edition Juliane Klein: void distance

Aufführungen (Auswahl)

1999 PercussioNova, Kulturzentrum bei den Minoriten Graz: ... zum unberührten Schnee im fahlen Mondlicht ... (UA)
2003 Ensemble Wiener Collage, Brucknerhaus Linz: Die verlorenen Pfade I (UA)
2003 Vera Fischer (fl), Bernhard Zachhuber (cl), Dimitrios Polisoidis (va) - Initiative LAMBEART, Stift St. Lambrecht: Die Spur der Welle (UA)
2003 Maciej Golebiowski (cl), Forum Stadtpark Graz: Die verlorenen Pfade II (UA)
2004 Klangforum Wien, Wien: silben- meer- farben (UA)
2004 Markus Deuter (ob), Kulturzentrum bei den Minoriten Graz: Das tiefe Blau dort im Lauf der Tage (UA)
2005 artresonanz trio - Wiener Mozartjahr Organisationsges.m.b.H., Radiokulturhaus Wien: Musik für Flöte, Bassklarinette und Klavier (UA)
2006 ORF Radio Symphonieorchester Wien, Martyn Brabbins (dir) - Klangspuren – Verein zur Förderung von Neuer Musik Schwaz: Loses (UA)
2006 Sascha Armbruster (sax), Polish-German Youth Ensemble, Rüdiger Bohn (dir) - Warschauer Herbst (Polen): Return (UA)
2007 Österreichisches Kulturforum London (Großbritannien): Die verlorenen Pfade II
2008 Pirijo Kalinowska (voc), Sylvie Lacroix (fl), Trio Eis, Kulturzentrum bei den Minoriten Graz: kahles Astwerk (UA)
2008 Trio Eis, Kulturzentrum bei den Minoriten Graz: Surfacing (UA)
2009 Konzertreihe »Paradisi gloria« - Münchner Rundfunkorchester, Ulf Schirmer (dir), Herz-Jesu-Kirche München (Deutschland): Archipel (UA)
2010 PHACE | CONTEMPORARY MUSIC - e_may Festival für neue und elektronische Musik, Wien: Prolepsis (UA)
2010 Cantus ansambl, Zagreb (Kroatien): Return - revidierte Fassung (UA)
2010 Klangforum Wien, Brad Lubman (dir) - Musikprotokoll im Steirischen Herbstas in a mirror, darkly (UA)
2010 ORF Radio Symphonieorchester Wien, Cornelius Meister (dir), Wiener Konzerthaus: disintegrated (UA)
2011 Pia Palme (fl) - Klangspuren – Verein zur Förderung von Neuer Musik Schwaz: divided (UA)
2011 PHACE | CONTEMPORARY MUSIC, Simeon Pironkoff (dir), Wiener Konzerthaus: mobile elements (UA)
2011 Dominik Susteck (org) - Festival "orgel-mixturen", Köln (Deutschland): air balance (UA)
2011 Sophie Schafleitner (vl), Dimitrios Polisoidis (va), Andreas Lindenbaum (vc), Janna Polyzoides (pf), Kulturzentrum bei den Minoriten Graz: Vom Verschwinden einer Landschaft II (UA)
2012 Konzert mit Live-Sendung im polnischen Radio - Warschauer Herbst: Loses
2012 PHACE | CONTEMPORARY MUSIC - Wien Modern, Palais Kabelwerk Wien: diffraction courses (UA)
2012 NFM Kammerorchester Leopoldinum Wrocław, Ernst Kovacic (dir) - Breslau Festival Musica Polonica Nova (Polen):  lost motion (UA)
2013 Trio Amos, Radiokulturhaus Wien: suspended (UA)
2013 Ensemble Reflexion K - Festival "Provinzlärm", Eckernförde (Deutschland): mobile elements - 2. Fassung (UA)
2013 Warschauer Herbst (Polen): as in a mirror, darkly - revidierte Fassung (UA)
2013 Ivana Pristasova (vl), Andrew Jezek (va), Hsin-Huei Huang (pf), Trio Amos, Radiokulturhaus Wien: stairs (UA)
2014 Trio Amos - Europäisches Forum Alpbach, Congress Centrum Alpbach: sAmo (UA)
2014 Ensemble Ascolta - Eclat Festival, Staatstheater Stuttgart (Deutschland): brown, fizzled out (UA)
2015 Schallfeld Ensemble, Stadtmuseum Graz: some remains - Version für Flöte, Klarinette, Klavier, Violine und Kontrabass (UA)
2015 Ensemble lux:nm, Konzerthaus Berlin (Deutschland): suspended - revidierte Fassung (UA)
2015 Neue Vocalsolisten Stuttgart - Wittener Tage für Neue Kammermusik: Lacunae (UA)
2016 Schallfeld Ensemble - tage neuer musik graz: like little … sunderings (UA)
2016 Vokalensemble Nova - Musikprotokoll im Steirischen Herbst, Helmut List Halle Graz: from what height fallen (UA)
2017 VERTIXE SONORA, Santiago de Compostela (Spanien): no nearer (UA)
2018 Ensemble Zeitfluss - Musikprotokoll im Steirischen Herbst: like little … sunderings
2018 Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, Peter Rundel (dir) - Klangspuren – Verein zur Förderung von Neuer Musik Schwaz: any great distance (UA)
2019 Wien Modern - Projekt "Saiten-Tasten", Wiener Konzerthaus: Inside Piece (UA)
2019 E-MEX-Ensemble, Alte Feuerwache Köln (Deutschland): void distance (UA), some remains - Version für Flöte, Klarinette, Klavier, Violine und Violoncello (UA)

Pressestimmen

08. März 2017
"Aus rein musikalischen Überlegungen schafft Wozny stringente Werke, die oft von fein ziselierten Tönen an der Schwelle der Hörbarkeit geprägt sind, aber eine geballte, wenn auch durch die „Unmöglichkeit der Realisierung“ gebundene Energie entwickeln."
mica-Musikmagazin: Die weibliche Handschrift in der österreichischen Musik (Michael Ternai / Philip Röggla, 2017)

21. November 2010
""as in a mirror, darkly" (2010) war gleich das zu Beginn des Konzerts gespielte neue Stück von Joanna Wozny, dank der exzellenten, klangforumerprobten Akustik des Mozartsaals auch live sehr eindrucksvoll. Spiegelphänomene, Verunreinigungen, die sich einem zeigen, wenn man durch zerkratztes Glas schaut, sind die Ausgangsidee des durchaus spannenden Stückes. Es beginnt hell, wird dann dunkler und endet mit dem "Spiegel"-Ausgang eines Zweiklangs von Oboe und Flöte. Raffinierte Klangereignisse, Glissandi der Streicher (+ Kontrabass), Beiträge der beiden Blechblasinstrumente (Posaune, Trompete), zweier Schlagzeuger und des Pianisten, der etwa auch mit einem Bleistift klopft, schaffen eine zwingende Dramaturgie von oft auch "punktuellen", unverbundenen Ereignissen in dieser Musik, in der es (immer veränderte) Wiederholungen gibt, die aber alles nie langatmig erscheinen lassen."
mica-Musikmagazin: Wien Modern 2010 - Klangforum Wien (Joanna Wozny, Schurig, Lopez) und ein Klaviermarathon mit Marino Formenti (Heinz Rögl, 2010)

2010
"[...] Dem Anderen eng verwandt ist die Veränderung. Wer sich fragt, wo sie beginnt und wo sie endet, sieht sich alsbald mit ähnlichen Paradoxien konfrontiert. So ist es auch mit der Musik von Joanna Woźny. Ihr Generalthema, wenn es sich überhaupt auf einen Nenner bringen lässt, bildet die ständige Verwandlung. [...] Was schon einmal da war, wirkt beim nächsten Mal anders. Die Kompositionen auf der Porträt-CD, die als Teil des Erste Bank Kompositionsauftrags im Herbst 2011 beim Label Kairos erscheint, zeigen dies auf vielfache Weise. Sie alle drehen sich um Transformationen, die immer schon begonnen zu haben scheinen und endlos weitergehen könnten, würde sich nicht zugleich eine immer wieder etwas andere Dramaturgie des allmählichen Verklingens erfüllen. Etwas davon mag Joanna Woźny ihrem Grazer Lehrer Beat Furrer abgelauscht haben, doch noch mehr muss es schon immer zu ihrer Eigenart gehört haben. Gemeinsam ist Schülerin und Lehrer auch eine besondere Affinität zur Stille, ohne dass sich die Musik in beiden Fällen darin erschöpfen würde. Was Joanna Woźny betrifft, gab es in der Zeit rund um ihren Studienabschluss (2003), als sie erstmals in eine breitere Öffentlichkeit trat, in ihren Partituren zwar eine deutliche Tendenz zur Zurückhaltung in punkto Dynamik und Ereignisdichte. Ebenso deutlich hat sich allerdings in ihrem Komponieren in den letzten Jahren eine Veränderung ergeben, eine Veränderung, die auf den ersten Blick möglicherweise größer erscheinen mag, als sie tatsächlich ist. Das Leise, Verhaltene, das zunächst bei weitem überwogen hatte und kaum je verlassen wurde, bekam Konkurrenz: Massivere Klänge traten auf den Plan, heftige Ausbrüche begannen Woźnys filigrane Klanggebilde zu durchziehen. Doch dienen solche Eruptionen nicht zuletzt dazu, das Gehör des intendierten Hörers, der Hörerin, weiter zu schärfen für die Nuancen und die Zerbrechlichkeit ihrer gesamten musikalischen Ausdrucksweise. Hier wird ein Umstand besonders klar, der in ihrer Musik auf Schritt und Tritt begegnet: Das musikalische Denken der Komponistin zeigt sich in jeder seiner Verästelungen als zutiefst dialektisch; doch muss man den Verrätselungen ihrer Musik nicht bewusst bis in jeden Winkel folgen, um sie hörend zu ertasten; wer dies allerdings dennoch wagt, wird noch mehr Gewinn aus ihr erzielen. Die dialektischen Klangwelten von Joanna Woźny vermitteln zwischen Konkretisierung und Abstraktion, zwischen Massierung und Verfeinerung, wobei ständig das eine in das andere umschlagen oder kaum merklich übergehen kann. Nur wenig davon lässt sich unmittelbar festmachen, dieses wenige ist aber von großer Kraft und Intensität - wie die kleinen Gesten am Beginn von "as in a mirror, darkly" (2010) für Ensemble, die sich in einem dichten Ereignisfeld entfalten. [...] Eindeutigkeit des Geschehens ist überhaupt etwas, was in Woźnys Musik beinahe schon argwöhnisch vermieden wird. Stattdessen wird "as in a mirror, darkly" von mäandernden Schlieren durchzogen [...]. Es zeugt von mehr als nur einer Neigung zu bestimmten Instrumentalfarben, dass Joanna Woźny eine besondere Vorliebe für die komplexen Mehrklänge von Blasinstrumenten an den Tag legt, wie dies etwa auch in "Return" (2006) für Saxophon und Ensemble der Fall ist. Zwiespältig und vag, spielt sich hier der größte Teil der Interaktionen zwischen Individuum und Kollektiv auf klanglicher Ebene ab; und der größte Teil der Entwicklung innerhalb des Stücks findet statt zwischen einer Konkretion in greifbare Gestalten oder Gesten und ihrer Auflösung in mikroskopisch ausgeleuchtete Klänge - bis hin zu einem Punkt, wo diese Unterscheidung keinen Sinn mehr macht, da sich mikroklangliche Prozesse und konkrete Konturen zu sehr durchdringen. Auch das ist ein Aspekt, auf den die Musik von Joanna Woźny die HörerInnen aufmerksam machen möchte, ebenso wie auf den Umstand, dass jede Wiederholung etwas Zweischneidiges hat. [...] ransformation, Verwandlung begegnet auch hier allerorten, wenn etwa einzelne Töne vibrieren, bis sie beben, wenn aus der Klangfarbe der Anstoß für weitere Entwicklungen erwächst - ein Zeichen für jene Energie, die Woźnys Musik insgesamt durchdringt [...]."
Erste Bank: Kompositions-Preisträgerin 2010 - Joanna Wozny (Daniel Ender, 2010), abgerufen am 27.08.2020 [https://www.sponsoring.erstebank.at/de/kunst-und-kultur/musik/eb-kompos…]

2008
"Joanna Woznys Orchesterstück Archipel wurde im Januar 2009 in der katholischen Pfarrkirche Herz-Jesu-Kirche in München-Neuhausen uraufgeführt. [...] Die Komponistin Joanna Wozny hat sich für das Thema »Maria« entschieden. Die Figur der Gottesmutter ist nicht nur in Joanna Woznys Heimat Polen als Objekt der Verehrung allgegenwärt, sondern prägt auch stark sowohl das Stadtbild als auch die religiösen Riten in der österreichischen Stadt Graz, wo die Komponistin heute lebt. Es ging Joanna Wozny jedoch nicht darum, eine Vorlage aus dem großen Repertoire der die Gottesmutter Maria thematisierenden liturgischen und nicht liturgischen Texte zu vertonen. Stattdessen hat sie sich für ein Werk ohne Worte entschieden. Darin lenkt sie die Aufmerksamkeit auf die Aspekte der Kontemplation und auf die Darstellung Marias als introspektivem, introvertiertem Charakter, wie er in der Bibel an vielen Stellen gezeichnet wird [...]. Mit Blick auf den Titel ihres Stücks, der eine Inselgruppe nahelegt, hat Joanna Wozny erläutert, Archipele seinen »fixierte Objekte, die aus einer Masse hervor- oder heraustauchen«. Der musikalische Satz von Archipel besteht aus Akkordflächen, die sich durch Glissandobewegungen, kleine Intervallschritte, Motivpartikel und unterschiedliche Farbmischungen des Orchesters subtil verändern, und Pausen mit entscheidender Funktion. Haben die Klangflächen bereits aufgrund ihrer mitunter kontrastreichen klangfarblichen Schichtungen eine eigene intensive Binnenspannung, so wird dies noch durch die Pausen dazwischen verstärkt. Sie wirken als Spannungsfelder zwischen den Klängen. Im Rahmen dieser fein austarierten Dramaturgie entsteht der Eindruck einer intensiven Bewegtheit »im Inneren« dieser »äußerlich« unbewegten Klangflächen, die nur scheinbar unvermittelt aufeinanderfolgen, jedoch im Gesamtaufbau minutiös genau angelegt sind. Auch Assoziationen zu einer der Meditation dienenden Litanei, bei der Anrufungen aus der Stille wiederkehren, liegen nahe. »Pausen sind auch Geschehen. Sie erklingen genauso wie die Musik«, erklärte Joanna Wozny einmal. Mit diesem Blick auf die Welt der Klänge befindet sie sich in einer Traditionslinie, die von der Gregorianik über Franz Schubert und John Cage reicht."
Ultraschall Berlin: Joanna Wozny - Archipel für Orchester (Eckhard Weber, 2008), abgerufen am 27.08.2020 [https://ultraschallberlin.de/aufsatz/joanna-wozny-archipel/]

September 2005
"Wenn in einem Gesprächskonzert am Eröffnungswochenende der heurigen Klangspuren das neueste, im Auftrag des Schwazer Festivals für zeitgenössische Musik entstandene Werk von Joanna Wozny [...] erklingt, steht damit nicht nur eine der interessantesten der in Österreich lebenden Komponistinnen aus der jüngeren Generation im Mittelpunkt."
Österreichische Musikzeitschrift: Musik für 2 Gitarren (Daniel Ender, 2005)

Diskografie (Auswahl)

Als Komponistin
2011 Joanna Wozny: as in a mirror, darkly (KAIROS)

Tonträger mit ihren Werken
2010 Paradisi Gloria 21: Live world premiere recordings - Chor Des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Ulf Schirmer (BR Klassik, Naxos) // Track 6: Archipel
2009 Die andere Saite Vol. 1 (ORF Edition Zeitton) // Track: ... zum unberührten Schnee im fahlen Mondlicht ...

Literatur

mica-Archiv: Joanna Wozny

2007 Ender, Daniel: Die Arbeit fängt im Kopf an - Joanna Wozny im Gespräch mit Daniel Ender. In: ÖMZ 62/11/2007.
2009 Joanna Wozny in der Annual List der IAMIC. In: mica-Musikmagazin.
2009 Joanna Wozny erhält den Erste Bank Kompositionspreis 2010. In: mica-Musikmagazin.
2010 Henke, Isabella (APA): ORF-RSO Wien mit Uraufführung von Joanna Woznys "disintegrated". In: mica-Musikmagazin.
2010 Rögl, Heinz: Musikprotokoll in Graz 2010 (Nachbericht). In: mica-Musikmagazin.
2010 Rögl, Heinz: Wien Modern 2010 - Konzerte mit neuen Werken österreichischer Komponisten (Thomas Wally, Thomas Heinisch, Joanna Wozny, Peter Jakober, Manuela Kerer). In: mica-Musikmagazin.
2010 Rögl, Heinz: Wien Modern 2010 - Klangforum Wien (Joanna Wozny, Schurig, Lopez) und ein Klaviermarathon mit Marino Formenti. In: mica-Musikmagazin.
2010 Heindl, Christian: Keine Angst vor dem Klang - Neues von Joanna Wozny beim e_may Festival in Wien. In: mica-Musikmagazin.
2014 Buch, Margarethe: Im music austria Notenshop - Joanna Wozny. In: mica-Musikmagazin.
2017 Ternai, Michael / Röggla, Philip: Die weibliche Handschrift in der österreichischen Musik. In: mica-Musikmagazin.
2024 kofomi#28 – Sorge. In: mica-Musikmagazin.

Quellen/Links

austrian music export: Joanna Wozny
Wikipedia: Joanna Wozny
Kulturserver Graz: Joanna Wozny

Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 19. 11. 2024): Biografie Joanna Wozny. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/81758 (Abrufdatum: 4. 12. 2024).

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